Der umstrittene Berliner Regierungschef Klaus Wowereit wird erneut Aufsichtsratschef beim Berliner Großflughafen BER. Es gibt Streit um den Lärmschutz und den Testbetrieb. Derweil wächst die Kritik an BER-Chef Hartmut Mehdorn

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der neue Berliner Flughafen BER, dessen Eröffnung wegen schwerer Bau-und Planungsmängel Mitte 2012 spektakulär platzte, wird voraussichtlich erst 2016 starten können. Mittlerweile gilt in Aufsichtsratskreisen eine Verspätung von mindestens vier Jahren als wahrscheinlich. Einen konkreten Zeit- und Kostenplan, der bereits wiederholt zugesagt worden war, blieb BER-Chef Hartmut Mehdorn dem Aufsichtsrat auch am Freitag auf der letzten Sitzung des Jahres schuldig. Deshalb wächst die Kritik am früheren Bahn-Chef, der als Sanierer geholt wurde, um das Airport-Debakel zu bereinigen.

 

Unter Beschuss bleibt auch Berlins Regierungschef Klaus Wowereit, der in der Sitzung wieder zum regulären Vorsitzenden gewählt worden ist. Es habe eine Gegenstimme und eine Enthaltung bekomme, teilte die Flughafengesellschaft mit. Der SPD-Politiker war bereits bis Anfang 2013 rund fünf Jahre Chefaufseher des größten ostdeutschen Investitionsprojekts und trat dann wegen des Termin- und Kostendebakels, das unter seinen Augen passierte, in die zweite Reihe zurück.

Sein langjähriger Stellvertreter, Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck, verwaltete den Vorsitz aber nur wenige Monate und gab dann aus gesundheitlichen Gründen seine Ämter auf. Darauf übernahm Wowereit den Vorsitz wieder kommissarisch, da sich kein anderer Chefkontrolleur fand und Brandenburgs neuer Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) es kategorisch ablehnte, den Posten zu übernehmen.

60 000 Mängel erfasst

Die Neubesetzung hat heftige politische Querelen ausgelöst. Der Bund, Berlin und Brandenburg sind sich als Gesellschafter der Berliner Flughäfen in mehreren Fragen uneins. Besonders der Lärmschutz und die Ausweitung des Nachtflugverbots am neuen BER sind umstritten, ein entsprechendes Volksbegehren war in Brandenburg erfolgreich und der Landtag hat zugestimmt. Die Linkspartei, die in Brandenburg mit der SPD regiert, hatte deshalb angekündigt, der Wahl Wowereits nur zuzustimmen, wenn mehr Lärmschutz auch in der Nacht garantiert sei.

Mit Finanzminister Helmuth Markov und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers haben die Linken zwei führende Vertreter im Aufsichtsrat des Flughafens. SPD-Regierungschef Woidke befürwortete vor der Sitzung am Freitag aber die Wiederwahl Wowereits, auch der Bund signalisierte dem Vernehmen nach Zustimmung. Die Wahl Wowereits galt daher schon vor der Sitzung als sicher.

Vor Beginn der Sitzung im Golfhotel Motzen südlich von Berlin hatte der Aufsichtsrat die Baustelle des BER besichtigt, auf der seit Monaten wenig passiert. Hauptproblem unter mehr als 60 000 erfassten Mängeln bleibt der Brandschutz im Terminal. Die Sicherheitssysteme soll Siemens in Ordnung bringen und hat dafür stolze 18 Monate veranschlagt. Der neue Siemens-Chef Joe Kaeser hatte kürzlich mit dem Hinweis für Aufregung gesorgt,der neue Airport werde derzeit nicht gebraucht und es reiche, wenn er in fünf bis zehn Jahren eröffnet werde. Das hatte in Berlin einiges Kopfschütteln und hämische Kommentare ausgelöst.

Massive Kritik an geplanter Teilereröffnung

BER-Chef Mehdorn kommt bisher mit seinem „Sprint“-Programm und teuren Beratern kaum voran. Erst vier Prozent des Programms seien realisiert, heißt es. Kürzlich musste der Manager einige Berater sogar austauschen, weil sie ohne die zuvor vorgeschriebene Ausschreibung beschäftigt wurden. Mehdorn strebt weiterhin eine Teileröffnung des BER im Miniformat an. Das ist aber heftig umstritten. Denn dafür soll das Nordpier des Airports umgebaut werden. Der „Testbetrieb“ soll laut Mehdorn schon Anfang 2014 starten, bisher liegen aber die dafür benötigten Genehmigungen aber noch nicht vor. Der Aufsichtsrat soll mehrere Millionen Euro für den Umbau genehmigen. Der kürzlich auf einen unbedeutenden Posten abgeschobene bisherige Technikchef Horst Amann hatte Mehdorns Pläne für wenig sinnvoll erachtet.

Neben dem Eröffnungstermin ist auch weiterhin unklar, wie viel der Hauptstadt-Airport am Ende kosten wird. Ein neues Finanzierungskonzept, das bereits im August vorliegen sollte, wurde dem Aufsichtsrat bisher ebenfalls noch nicht präsentiert. Der BER wird mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich mehr als fünf Milliarden Euro kosten und damit noch teurer werden. Bisher sind die Kosten bereits auf offiziell 4,3 Milliarden Euro geklettert, mehr als doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt. Allein die Kosten für einen besseren Schallschutz für die Anwohner könnten auf 700 Millionen Euro steigen, wird erwartet.