In einen vertraulichen Bericht über das umstrittene Drohnen-Projekt listen die Rechnungsprüfer schwere Versäumnisse im Verteidigungsministerium auf.

Der Bundesrechnungshof stellt dem Verteidigungsministerium nach dem Euro-Hawk-Debakel in einem vertraulichen Bericht ein verheerendes Zeugnis aus. Das auf den 3. Juni datierte Schreiben an den Haushaltsausschuss listet dabei auch zahlreiche Versäumnisse auf, die nicht in die Amtszeit des in die Kritik geratenen Verteidigungsministers Thomas de Maizière fallen. Entlastet wird dieser in dem 33-seitigen Bericht, der dieser Zeitung vorliegt, dennoch nicht.

 

Die Rechnungsprüfer stellen fest, dass mögliche Probleme bei der Zulassung der Drohne des US-Hersteller Northrop Grumman „bereits vor Abschluss des Entwicklungsvertrags“ im Jahr 2007 dem Verteidigungsministerium bekannt waren. Dennoch wurde von Seiten des Ministeriums zugelassen, dass die US-Luftwaffe „keinen uneingeschränkten Einblick in die Zulassungsunterlagen“ der Global-Hawk-Drohne gewährte, die als Basismodell zur Euro-Hawk-Drohne weiterentwickelt werden sollte. Laut Rechnungshof wechselte deshalb schon Mitte 2007 die Gesamtbewertung der Projektleitung von „unkritisch“ auf „kritisch“, Ende des Jahres 2010 dann von „kritisch“ auf „sehr kritisch“. Die Ausgaben stiegen in dieser Zeit weiter an. Die Fachaufsicht des Ministeriums, so die Rechnungsprüfer, „war laufend über den Stand des Projekts informiert“.

Im Frühjahr 2009, spätestens im Jahr 2011 hätte die Leitung des Bundesverteidigungsministerium informiert und das Projekt insgesamt neu bewertet werden müssen, so die Einschätzung der Prüfer. Im März 2011 trat de Maizière seinen Dienst als Minister an. Im selben Jahr, so heißt es in dem Bericht, „zeichnete sich ab, dass die aufgetretenen Probleme bei der Musterzulassung nicht mit vertretbarem Aufwand zu lösen waren“. Anfang 2012 sei der zuständige Rüstungsstaatssekretär informiert worden, erst dann wurden Alternativen diskutiert, um zu retten, was zu retten ist. De Maizière wird heute den Abgeordneten des Bundestages erläutern müssen, weshalb es dann noch bis Mitte Mai 2013 dauerte, bis das Projekt gestoppt wurde.

Die Opposition sieht einen Großteil der Schuld für das Debakel bei de Maizière selbst. Linkspartei-Chef Bernd Riexinger forderte den Ressortchef zum Rücktritt auf. Die Grünen erwägen einen Untersuchungsausschuss. Die Koalition bemüht sich darum, den Minister zunächst an diesem Mittwoch vor unbequemen Nachfragen der Opposition zu schützen und ihm eine als heikel geltende Fragestunde im Parlament zu ersparen. Genutzt wurde ein Geschäftsordnungstrick: Die Koalition beantragte eine sogenannte Aktuelle Stunde zur Drohnentechnik. Übrige Fragen an die Regierung zu dem Thema entfallen damit.

In Brüssel versuchte de Maizière die Nato-Partner zu beruhigen. Deutschland plane zumindest derzeit noch keinen Ausstieg aus einem Nato-System zur Bodenüberwachung, das ebenfalls auf die US-Drohne Global Hawk zurückgreift. „Wir haben einen Vertrag unterschrieben. Deutschland ist vertragstreu“, sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière am Rande eines Nato-Treffens. Deutschland ist an der rund 1,3 Milliarden Euro teuren Anschaffung von 5 Global-Hawk-Drohnen mit einem Drittel beteiligt. De Maizière sagte, die für das Nato-System Allied Ground Surveillance (AGS) bestellte Drohne Global Hawk sei ein neueres System als jenes der Euro Hawk, aus der Deutschland ausgestiegen ist.

Zu der Frage, ob die Bundeswehr neben Aufklärungsdrohnen auch bewaffnete Drohnen besitzen sollte, hat sich SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ablehnend geäußert. „Ich komme zu der Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland keiner Drohnen bedarf“, sagte Steinbrück bei einer Rede an der Freien Universität Berlin.