Mit viel Eis und noch mehr Glamour sind am Donnerstagabend zum 60. Mal die Berliner Filmfestspiele eröffnet worden.

Berlin - Werner Herzog vertraut jetzt erst mal auf sein Bauchgefühl, und Renée Zellweger freut sich darauf, dass es im Kino zumindest geistig so unbequem wie möglich zugehen möge: so klingt es, wenn eine Berliner Festivaljury ihre Erwartungen für die folgenden zehn Tage und die in dieser Zeit zu sehenden 20 Wettbewerbsfilme formuliert. Glamour und Grips, das ist die Berliner Mischung, die dem größten Publikumsfestival der Welt seine besondere Note gibt.

Zur Eröffnung der Jubiläumsausgabe bekräftigte Direktor Dieter Kosslick mit der Filmauswahl den Ruf der Berlinale als politisches Festival: Gezeigt wurde als Weltpremiere das chinesische Liebesdrama "Tuan Yuan" (Getrennt zusammen) von Wang Quan'an. Bei Eiseskälte kamen mehr als 1600 Gäste in den Berlinale-Palast. Ein unbarmherziges Schneetreiben hüllte den Potsdamer Platz ein - der Vorteil: im kegeligen Scheinwerferlicht bot der Flockensturm ordentlich Partyglitzer. Der Nachteil: es blieben etliche Plätze leer. Auf Kosslicks Ohren steckten schwarze Ohrenschützer, verziert mit je einem goldenen Bären. Dazu der Filmemacher Tom Tykwer auf die Frage, was das Besondere an diesem Festival sei: "Dass die Laune immer so super ist, und das Wetter grundsätzlich schrecklich." Und Armin Müller-Stahl: "Die Berlinale macht die Stadt schöner, voller, poetischer - und anscheinend auch kälter."

Die weiblichen Stars zeigten sich weitgehend ungerührt von der Witterung. Hannah Herzsprungs nackte Füße steckten in Peeptoes, Christiane Pauls Dekolleté schloss sich unwesentlich über dem Bauchnabel. Senta Berger dagegen kam im silbergrauen Pelzcape. "Das habe ich schon 1966 bei der Berlinale getragen", sagte sie. "Und das beste daran: es passt immer noch."

Als habe man sie in ihr blaues Taftkleid eingenäht, erschien Renée Zellweger, die als Mitglied der Internationalen Jury ("Es ist eine Ehre") über den Teppich schritt. Zuvor hatte sie verraten, worauf sie sich freut: "Was mir gefällt, das sind diese Filme, die wirklich eine Herausforderung sind, die Angst machen, denn sie machen den größten Eindruck." Der Jurypräsident Werner Herzog, der nach langer Abwesenheit erstmals wieder bei der Berlinale auftauchte, verteilte Vorschusslorbeeren für Berlin: "Das hat sich richtig, richtig gut entwickelt." Kulturstaatsminister Bernd Neumann ging so weit, in seiner Rede zu behaupten, die Berlinale gehöre zu den "Gründungsmythen der Bundesrepublik". Wie sich das Festival entwickelt hat, das sehen Besucher bei einer großen Retrospektive. Aber auch wer nur so über den Potsdamer Platz schlendert, der wird auf mehr als 200 Plakaten von Weltstars begrüßt, die in den vergangenen Jahrzehnten dabei waren.

Ganz in echt und manchmal zum Anfassen nah sind von heute an viele internationale Stars zu bewundern. Am Abend läuft Roman Polanskis neuer Film "The Ghostwriter" als Weltpremiere im Wettbewerb - auf dem Teppich werden unter anderem Pierce Brosnan und Ewan McGregor erwartet. Am Samstag wird das Fangekreische womöglich Hörstürze auslösen: Leonardo DiCaprio spielt die Hauptrolle in Martin Scorseses Romanverfilmung von "Shutter Island" (Dennis Lehane), und präsentiert den Film in Berlin. Weltweit viel berühmter als Leo ist nur noch Shah Rukh Khan. Der Bollywoodstar, der sicher Fans in Milliardendimensionen hat, zeigt heute Abend seinen Film "My Name is Khan".