Bevölkerungsschutz in Korntal-Münchingen Katastrophen sind sein Tagesgeschäft
Frank Schulzes Job in Korntal-Münchingen ist es, die Stadt krisenfest zu machen. Dabei möchte er die Bevölkerung zur Mithilfe animieren.
Frank Schulzes Job in Korntal-Münchingen ist es, die Stadt krisenfest zu machen. Dabei möchte er die Bevölkerung zur Mithilfe animieren.
Ob er Angst vor Katastrophen hat? Frank Schulze schüttelt den Kopf. Schließlich ist er Experte für Krisen – genauer: Profi darin, sie zu verhindern. Er versucht, vor die Lage zu kommen, sagt der 57-Jährige aus Korntal. Womit er meint, gefährdete Punkte zu beseitigen und „eine Katastrophe gar nicht erst zustandekommen zu lassen – oder ihre Folgen abzumildern“. Es gehe um Resilienz, darum, sich so gut wie möglich auf Krisen vorzubereiten. „Dann ist eine Krisenlage nicht so schlimm“, meint Frank Schulze. Sein Job ist es, die Stadt Korntal-Münchingen krisenfest zu machen.
Dort kümmert er sich seit März um den Bevölkerungsschutz. Zur gleichnamigen Stabsstelle im Rathaus gehören Birgit Heinrich, verantwortlich fürs Feuerwehrwesen, und der Feuerwehrkommandant Fabian Kunberger. „Die Feuerwehr leistet enorme Arbeit, aber ebenso das THW oder DRK“, sagt Frank Schulze. Er arbeitet jedoch mit allen zusammen, die sich mit dem Katastrophenschutz in der Stadt beschäftigen. Er ist die Schnittstelle, übernimmt, was die Fachbereiche bisher taten. Ziel sei eine bessere Koordination. Frank Schulze sitzt außerdem in interkommunalen Gremien und Arbeitskreisen rund um den Bevölkerungsschutz, steht also auch mit dem Landratsamt als Unterer Katastrophenschutzbehörde in Kontakt.
Frank Schulze sagt, seine Stelle wurde geschaffen als Reaktion auf die weltweit vielen – zunehmenden – Krisen. Überall würden diese Kräfte wachsen, Korntal-Münchingen sei „relativ vornedran“. Katastrophen lauern zuhauf: Stromausfälle beziehungsweise Blackouts, Stürme, Hochwasser oder Dürren verbunden mit erhöhter Brandgefahr und Folgen für die Gesundheit. Wissenschaftler prophezeien wegen des Klimawandels mehr Extremwetterereignisse. Wärme- und Kältenetze sowie Entsiegelungen seien nötig, sagt Frank Schulze, der auch Cyberattacken, Energiemangellagen und Störungen in Lieferketten im Blick hat. In Kommunen liege der Fokus auf örtlichen Geschehen. Sie seien verpflichtet, sich in einer Krise vor Ort zu kümmern und die Folgen zu beheben.
Mit dem Thema Krisenvorsorge ist Frank Schulze groß geworden. Seine Eltern haben den Krieg noch miterlebt. Ihre Erzählungen habe er stark verinnerlicht. Er studierte Geologie, erstellte ein geografisches Informationssystem, war selbstständig als Berater für mögliche Krisenszenarien.
In den vergangenen Jahren sei das Risiko eines Blackouts gestiegen, sagt Frank Schulze. „Je komplexer die Systeme sind, desto anfälliger sind sie.“ Die gute Nachricht: „Wir könnten eine Blackout-Lage jetzt schon gut meistern.“ Hier kommt den Feuerwehren eine wichtige Rolle zu: Nicht nur, weil dann Ampeln ausfallen, Aufzüge stecken bleiben oder im Winter Brände entstehen, wenn Menschen offenes Feuer machen. Die Feuerwehrhäuser werden – landkreisweit – auch zu Leuchttürmen, auf die spezielle Schilder hinweisen. Fallen die modernen Kommunikationsmittel aus, erreichen Warn-Apps und das Radio Menschen nicht mehr, erhalten sie dort Informationen – aber auch Hilfe, können Notrufe absetzen oder sich aufwärmen. Im Katastrophenfall kommunizieren die Krisenstäbe, zu denen die Feuerwehr zählt, über Funk und Satellitentelefon.
Mit Notstrom sind die meisten Feuerwehrhäuser versorgt, so auch das in Korntal und Münchingen. An Kallenberg sei er dran, sagt Frank Schulze. Auch das Rathaus bleibt im Krisenmodus arbeitsfähig, ebenso das Polizeirevier in Ditzingen. Der Polizeiposten in Korntal soll bald Notstrom bekommen. Die Strohgäu-Wasserversorgung hat voriges Jahr ein dieselbetriebenes Notstromaggregat installiert. „Es ist sehr viel in Bewegung gekommen“, sagt Frank Schulze. Trotzdem, es gebe noch viel zu tun.
Ob ihre Konzepte funktionieren, testen die Beteiligten in Übungen. Ein Handlungskonzept zum Hochwasserschutz gibt es seit einigen Jahren. Die Lehren, die die Strohgäuanrainer aus dem Hochwasser anno 2009 und 2010 zogen, sind Teil des Leitfadens des Landes zum kommunalen Starkregenrisikomanagement. Frank Schulze aktualisiert Katastrophen- und Einsatzpläne, plant und verwaltet Schutzeinrichtungen und Notunterkünfte, erarbeitet „Bevorratungskonzepte“. Er sorgt zum Beispiel dafür, dass der Krisenstab von zwölf bis 20 Personen im Rathaus im Notfall ausreichend Wasser und Essen wie Energieriegel hat. „Viele Supermärkte haben keine Notstromversorgung“, stellt Frank Schulze fest. Er will, dass im Notfall mindestens ein Supermarkt je Stadtteil in der Lage ist, Waren zu verkaufen. Auch hält der Landkreis Lebensmittel bereit. Doch bis bei Katastrophen die Versorgung anläuft, vergeht Zeit. „Daher sollte sich jeder einen Vorrat anlegen“, rät Frank Schulze.
Er sieht das Gepäck für einen Campingurlaub von ein, zwei Wochen vor sich: zwei Liter Wasser pro Tag pro Person, haltbares und doch abwechslungsreiches Essen, genug Medizin, Taschenlampen, Batterien, ein Gaskocher sowie stromnetzunabhängiges Radio. Man kann sich zudem mit Nachbarn abstimmen, ob jemand im Notfall besondere Hilfe benötigt, überlegen, wie die Kinder dann heimkommen, die Haustiere bedenken. „Je besser die Leute vorbereitet sind, desto einfacher ist es im Katastrophenfall, zumal man sich auf diejenigen konzentrieren kann, die wirklich Hilfe brauchen“, so Schulze. Und es hilft der Psyche: „Mit wenig Aufwand ist man gut vorbereitet. Das beruhigt und lässt einen gut schlafen“, sagt Frank Schulze, der Informationskampagnen plant. Um auch zu vermitteln: „Wir sind keine ohnmächtigen Opfer, sondern haben Handlungsmöglichkeiten, können uns anpassen und reagieren.“
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt Tipps: bbk.bund.de.