In den Stadtbezirken auf den Fildern haben sich für die kommenden Jugendratswahl in Stuttgart zu weniger Kandidaten gemeldet. Lediglich im Doppelbezirk Plieningen-Birkach wird im Januar ein neues Gremium gewählt.

Filder - Auf der Facebook-Seite des Stuttgarter Jugendrats wurde der Countdown gezählt. Fast jeden Tag erschien ein Beitrag, der die jungen Leute in der Stadt noch mal aufrief, sich zu bewerben. Ein Film des Jugendsenders Stuggi-TV auf der Seite erklärt, was der Jugendrat ist und wie man mitmachen kann. Viele Jugendliche haben ihren „Daumen hoch“ darunter gesetzt, also auf den Knopf „Gefällt mir“ geklickt. Zu Stift und Papier haben aber zu wenige gegriffen. In acht von 19 Wahlbezirken haben sich bis zum 8. November nicht genug Kandidaten für die Jugendratswahl beworben. Darunter sind auch Möhrigen und Vaihingen.

 

Besonders auffällig ist, dass vor allem die Filderbezirke betroffen sind. Denn auch in Sillenbuch und Degerloch haben sich nicht genug Jugendliche beworben. Roland Kelm, der bei der Stadt für die Jugendbeteiligung zuständig ist, sieht jedoch keinen Zusammenhang „Das ist auffällig, aber zufällig“, sagt er. Man müsse jeden Stadtbezirk einzeln betrachten.

„Am Ende hat es wirklich pressiert“

Eine Antwort auf die Frage, warum es dieses Jahr einen derartigen Einbruch gegeben hat, hat Kelm nicht. Derzeit gibt es in 16 von 19 Wahlbezirken einen Jugendrat. Von 2014 an werden es nur noch elf sein – und das, obwohl die Stadt im Vorfeld die Zahl der Sitze im Jugendrat und damit auch die Mindestzahl an Bewerbern neu angepasst hatte, um die Chancen für die Bildung eines Gremiums zu erhöhen. Ursprünglich nämlich hat sich die Zahl der Sitze an der der Einwohner im Stadtbezirk orientiert. Nun wird sie an der Zahl der Jugendlichen im Bezirk gemessen. „Das hat in einigen Bezirken bereits geholfen“, sagt Kelm. Genau genommen in elf von 19 Wahlbezirken.

In den Filder-Stadtbezirken werden lediglich die wahlberechtigten Jugendlichen im Doppelbezirk Plieningen-Birkach im Januar an die Wahlurnen treten. Bis kurz vor dem Bewerbungsschluss hatte es allerdings ganz und gar nicht nach diesem Ergebnis ausgesehen. Bis zum 5. November lag noch keine einzige Bewerbung vor. „Am Ende hat es wirklich pressiert“, sagt die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel. Sie sei froh, dass die derzeitigen Jugendräte am Ende doch noch sehr erfolgreich die Werbetrommel gerührt haben.

Gerade mal sieben Bewerber in Vaihingen

Dass sie keine Werbung für die bevorstehenden Wahlen gemacht haben, kann man den städtischen Mitarbeitern und den pädagogischen Begleitern in Vaihingen und Möhringen nicht vorwerfen. Die stellvertretende Möhringer Bezirksvorsteherin Evelyn Weis war zusammen mit Joachim Alber, einem ehemaligen Vaihinger Jugendrat, der derzeit sein freiwilliges soziales Jahr in Möhringen macht, sowie mit den beiden pädagogischen Begleiterinnen Susanne Habelt vom Jugendhaus Fasanenhof und Bianca Tennigkeit vom Jugendhaus Möhringen durch die Schulen im Stadtbezirk getourt.

Und auch in Vaihingen war bei einer Sitzung der SMV der Robert-Koch-Realschule Jugendhausleiter Klaus Hausch mit dem Jugendratssprecher Felix Kemmling in die Offensive gegangen. Dennoch ist das Engagement ohne Erfolg geblieben. In Vaihingen haben sich gerade einmal sieben von den erforderlichen 17 Bewerbern gemeldet, in Möhringen waren es acht an der Zahl, erforderlich gewesen wären jedoch 15. „Es ist natürlich sehr schade, dass wir es nicht geschafft haben“, sagt Evelyn Weis. Auch die noch amtierenden Jugendräte seien enttäuscht gewesen, als sie in ihrer Sitzung am Montagabend von dem Ergebnis erfahren hatten.

Häufig mangelt es an der Zeit

Woher der Bewerbermangel herrührt? Da können Evelyn Weis und Vaihingens Bezirkschef Wolfgang Meinhardt lediglich Vermutungen anstellen und Aussagen von Jugendlichen wiedergeben. „Wir haben von einigen gehört, dass es häufig an Zeit mangele“, sagt Weis. Gerade durch die Ganztagsschule und G 8 an den Gymnasien seien die Schüler oftmals sehr eingespannt und hätten kaum Zeit für außerschulische Aktivitäten.

In den vergangenen Monaten seien zudem immer mehr Nachwuchspolitiker abhanden gekommen, weil sie mit einer Ausbildung oder einem Studium begonnen hatten. Von den derzeitigen Jugendräten kandidieren einige nicht mehr, weil sie zu alt sind oder weil sie sich aufs Abitur vorbereiten müssen, sagt Weis. Und auch Meinhardt kennt das Problem: „Man hat schon jetzt immer wieder feststellen müssen, dass es unheimlich schwer ist, einen Termin zu finden, bei dem alle, beziehungsweise viele Zeit haben.“ Bei der jüngsten Sitzung sei beispielsweise nur noch ein Jugendlicher da gewesen.

Beide bauen nun darauf, dass Projektgruppen gebildet werden können. Diese Hoffnung teilt auch Roland Kelm. Denn als Projektgruppe hätten die Jugendlichen lediglich einen anderen Status, die Möglichkeiten seien jedoch letztlich die gleichen, so Kelm. „Die Projektgruppe ist definitiv nicht weniger wert.“