Air-Berlin-Chef Mehdorn muss noch höhere Verluste einräumen als erwartet. Ein massiver Sparkurs und andere Hilfen sollen die Wende bringen.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die angeschlagene Fluggesellschaft Air Berlin steckt noch tiefer in der Krise als bisher bekannt. Der Konzernverlust hat sich auf 272 Millionen Euro fast verdreifacht. „Mit diesem Ergebnis können wir trotz eines Umsatz-und Passagierrekords nicht zufrieden sein, das Jahr 2011 war rabenschwarz und 2012 wird mindestens ebenso schwierig“, räumte Vorstandschef Hartmut Mehdorn bei der Bilanzvorlage ein. Auch die Anleger zeigten sich enttäuscht, dass Air Berlin seine Ziele wieder einmal weit verfehlt hat. Die ohnehin tief gestürzte Aktie verlor an der Börse zu Handelsbeginn mehr als vier Prozent an Wert. Das Unternehmen begründet das unerwartet hohe Minus mit den Belastungen durch höhere Treibstoffpreise und die Luftverkehrssteuer, die auf fast 400 Millionen Euro beziffert werden. Mehdorn hofft auf bessere Zeiten bei der Nummer zwei unter den deutschen Airlines.

 

Das erste Quartal sei erfolgreicher gelaufen als voriges Jahr, als der harte Winter, der politische Umbruch in Nordafrika und Streiks der Fluglotsen das Geschäft negativ beeinflussten. Darunter litten auch Konkurrenten. Der Marktführer Lufthansa präsentierte einen Tag vor Air Berlin ebenfalls deutlich schlechtere Ergebnisse. Air Berlin machen aber vor allem hausgemachte Miseren zu schaffen – vor allem der gescheiterte Expansionskurs des früheren Vorstandschefs Joachim Hunold.

Ein radikaler Sparkurs soll die Airline profitabel machen und mit den neuen Allianzen die Erträge um 200 Millionen Euro verbessern. Mehdorn erwartet daher schon in diesem Jahr zumindest „ein ausgeglichenes Ergebnis“. Air Berlin hat das Streckennetz bereits drastisch ausgedünnt, sich von mehreren Flughäfen wie Erfurt komplett verabschiedet und sich auf einige Drehkreuze wie Berlin, Düsseldorf und Palma de Mallorca konzentriert. Die Lieferung vieler weiterer neuer Flieger wurde verschoben. Die Flotte umfasst derzeit 170 Flugzeuge und soll auf 152 sinken.

Eine strategische Allianz mit den Arabern

„Durch den neuen strategischen Partner Etihad haben wir nun die Zeit, weiter unsere Hausaufgaben zu machen“, sagte Mehdorn. Man kriege von den Arabern aber „nichts geschenkt“. Wie nötig die Kapitalhilfe der Araber war, zeigt die erschreckend niedrige Eigenkapitalquote, die wegen der hohen Verluste von 21 auf nur noch elf Prozent gesunken ist. Die kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten sind gleichzeitig auf mehr als zwei Milliarden Euro geklettert. Air Berlin konnte vor einiger Zeit nur zu Rekordzinsen von mehr als zehn Prozent neues Geld per Anleihe am Kapitalmarkt beschaffen. Ein weiteres Verlustjahr dieses Ausmaßes hätte das Unternehmen also kaum überlebt. „Durch Etihad hat sich die Lage aber wieder verbessert“, betonte Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer.

Durch die strategische Allianz mit den Arabern kann Air Berlin viele neue Direktflüge an den Persischen Golf und mehr attraktive Umsteigeverbindungen anbieten. Derzeit steuern die Berliner 162 Ziele in 40 Ländern an. Der Beitritt zur Luftallianz One World wird das Angebot auf rund 800 Ziele ausweiten. 2011 flogen 35 Millionen Passagiere mit Air Berlin, ein leichtes Wachstum um gut ein Prozent. Weil die Flugpreise deutlich angehoben wurden, stieg der Umsatz um rund ein Zehntel auf 4,2 Milliarden Euro.