Bilanz des Bosch-Chefs Nicht alles glänzt bei Volkmar Denner

Bosch ist der größte Autozulieferer der Welt. Unter der Führung von Volkmar Denner ist das Geschäft kräftig ausgeweitet worden. Foto: dpa/Marijan Murat

Die Eröffnung der neuen Chipfabrik in Dresden ist das Highlight in der Ära des scheidenden Bosch-Chefs. Doch für Autoexperten trüben Schwächen beim Ausbau der Elektromobilität die Bilanz des zurückhaltend auftretenden Managers.

Stuttgart - Nach dem Motto „das Beste kommt zum Schluss“ hat Volkmar Denner in diesem Monat kurz vor seinem Abschied als Vorsitzender der Geschäftsführung eine Glanzleistung als Konzernlenker vollbracht. Sogar noch früher als geplant ist die neue Chipfabrik in Dresden eröffnet worden. Es ist die größte Investition in der Geschichte des Stuttgarter Konzerns und viele konnten die Eröffnung kaum erwarten. Denn die Autoindustrie – und nicht nur sie – leidet an einem Engpass an Halbleitern und muss immer wieder die Bänder anhalten. Die Chipfabrik beweist, dass der 64-Jährige den richtigen Riecher hatte und sie ist ein wichtiger Meilenstein für den Wandel des größten Autozulieferers der Welt, der immer noch viel zu stark vom Verbrenner abhängig ist.

 

Nicht jeder Bosch-Chef hatte so viel Fortüne. Denners Vorgänger Franz Fehrenbach wollte die Abhängigkeit vom Autogeschäft verringern, indem groß in die Solartechnik investiert wurde. Als die chinesische Konkurrenz mit Billigimporten das Geschäft kaputtmachte, zog der Konzern kurz nach dem Antritt von Denner nach Milliardenverlusten die Reißleine und stieg wieder aus. „Es war der schmerzhafteste Moment in meinem Leben als Unternehmer“, bekannte Fehrenbach damals als Aufsichtsratschef.

Der Absturz in die roten Zahlen konnte im Corona-Jahr 2020 vermieden werden

Trotz dieses Fehlgriffs von Fehrenbach stand Bosch damals sehr stabil da. Dies gilt auch heute, kurz vor dem erneuten Wechsel an der Konzernspitze. Bosch ist bisher besser als erwartet durch die Corona-Pandemie gekommen. Im Laufe des vergangenen Jahres hat Denner die Prognose angehoben. Der Umsatz ging zwar zurück, der Absturz in die roten Zahlen konnte jedoch vermieden werden. Und in diesem Jahr geht es wieder aufwärts.

Denner wollte ursprünglich Wissenschaftler werden

Unter Denners Führung ist der Umsatz seit 2012 von 52 Milliarden Euro auf rund 72 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Weltweit arbeiten heute fast 400 000 Mitarbeiter für das 1886 von Robert Bosch als „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ gegründete Unternehmen.

Bosch war ursprünglich nicht der bevorzugte Arbeitgeber von Denner bei der Berufswahl. Eigentlich wollte der gebürtige Uhinger nach dem Studium der Physik in Stuttgart Wissenschaftler werden. Allerdings wollte er auch eine Familie gründen, und an der Uni gab es nur befristete Stellen. „Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, eine Familie zu gründen, ohne zu wissen, wie es weitergeht. Das war der Grund für mich, in die Wirtschaft zu gehen“, sagte er einmal in einem Interview. Er sollte es nicht bereuen. Denn vom Fachreferenten für die Entwicklung von Leistungshalbleitern stieg der zumindest in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend auftretende Manager, der bisweilen eher wie ein Professor wirkt und am liebsten über Künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge spricht, bis zum Konzernchef auf.

Autoexperten sehen die Stärken vor allem bei Software und digitaler Vernetzung

Trotz aller Anstrengungen und Erfolge bleibt nach Einschätzung von Auto-Experten noch einiges zu tun, damit insbesondere die epochale Transformation der Branche hin zu Elektromobilität und Digitalisierung bewältigt wird. Stefan Bratzel vom Forschungsinstitut CAM in Bergisch Gladbach, sieht ebenso wie Ferdinand Dudenhöffer vom Forschungsinstitut CAR in Duisburg die Stärken von Bosch bei Software und digitaler Vernetzung, aber auch große Herausforderungen bei der Elektromobilität. „Das Glas ist eher halb voll, als halb leer“, urteilt Bratzel.

Auch Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen sieht Schwächen bei der E-Mobilität. Bosch kämpft für Technologieoffenheit bei alternativen Antrieben und trommelt für die Einführung von synthetischem Kraftstoff, um den Verbrenner möglichst lang am Laufen zu halten und das eigene Geschäft in diesem Bereich abzusichern. Technologieoffenheit sei der falsche Weg, man müsse sich hier eindeutig positionieren, meint Reindl. Beim Pkw laufe alles auf batterieelektrische Fahrzeuge hinaus. Derzeit wetteiferten die Autobauer unter dem Eindruck schärferer Klimavorgaben darum, wer am schnellsten aus dem Verbrenner aussteige. „Wenn die Autohersteller zügig vom Verbrenner Abschied nehmen, kann man sich als Zulieferer nicht dagegen wehren“, sagt Reindl.

Der Verzicht auf die Fertigung von Batteriezellen könnte sich rächen

Womöglich rächt es sich auch, dass Bosch vor einigen Jahren beschlossen hat, keine Batteriezellen zu fertigen. Nach langer Prüfung kam Bosch zu dem Ergebnis, dass das Risiko zu hoch sei. Auch die Autohersteller scheuten lange vor einem Engagement zurück. Jetzt zeigt sich jedoch ein Sinneswandel. Der VW-Konzern investiert massiv in den Aufbau von Zellfabriken und nun steigt auch Porsche in die Produktion der Energiespeicher ein. „Die Batteriezelle ist der Brennraum der Zukunft“, hob Porsche-Chef Oliver Blume in dieser Woche hervor.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagt voraus, dass durch die Produktion von Batteriezellen in den nächsten Jahren tausende neue Arbeitsplätze in Deutschland entstehen werden. Für Bosch sei der Zug jedoch abgefahren, meint Dudenhöffer. „Damit geht ein Großteil der Wertschöpfung beim Elektroauto an Bosch vorbei“, bedauert er.

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