Die Deutsche Bank will auf dem internationalen Kapitalmarkt ganz vorne mitspielen. Die neuen Zahlen von der Wall Street zeigen: Das wird schwierig. Denn die amerikanischen Geldhäuser bauen ihren Vorsprung vor den Europäern aus.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Mit milliardenschweren Quartalsgewinnen haben drei große US-Banken erneut die europäische Konkurrenz düpiert. Der amerikanische Branchenprimus JP Morgan verdiente in den zurückliegenden drei Monaten unter dem Strich 6,3 Milliarden Dollar (5,7 Milliarden Euro). Das sind zwar acht Prozent weniger als im Vorjahresquartal, damals hatte die Bank allerdings auch von einer Steuergutschrift profitiert. Das skandalgeschüttelte Geldhaus Wells Fargo meldete einen Quartalsgewinn von 5,8 Milliarden Dollar, 200 Millionen Dollar weniger als im Vorjahr. Dieser Rückgang entspricht ziemlich genau der Strafe, die das kalifornische Institut im September für die Eröffnung zahlreicher Scheinkonten berappen musste. Deutlich schlechter als im Vorjahr verdiente dagegen die viertgrößte US-Bank Citigroup, deren Quartalsgewinn um elf Prozent auf 3,8 Milliarden Dollar schrumpfte.

 

Allein JP Morgan strich damit in einem einzigen Quartal fast genauso viel Geld ein wie der stärkste europäische Konkurrent, HSBC, im gesamten ersten Halbjahr. Die britische Bank hatte nach den ersten sechs Monaten einen Nettogewinn von 6,2 Milliarden Euro eingefahren. Die durch zahlreiche Rechtsstreitigkeiten belastete Deutsche Bank verdiente in der ersten Jahreshälfte 256 Millionen Euro.

„Das globale Geschäft wird sich auf einige wenige konzentrieren“

Zwar erzielen die Wall-Street-Banken schon allein wegen ihres großen Heimatmarkts traditionell höhere Gewinne als die europäischen. Doch seit der Finanzkrise wächst ihr Vorsprung beständig. „Viele US-Banken spielen auch international eine wichtige Rolle, während die Europäer nach der Finanzkrise doch stark zurechtgestutzt wurden“, kommentiert Dirk Müller-Tronnier, Bankenexperte bei der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY).

Die Deutsche Bank war im September in einem viel beachteten Ranking der großen Investmentbanken von Rang drei auf Rang sechs abgestiegen; die fünf ersten Plätze werden damit ausnahmslos von US-Instituten belegt. „Das globale Geschäft wird sich künftig noch stärker konzentrieren auf einige wenige“, glaubt Müller-Tronnier.

Nach Einschätzung von Peter Barkow von der Beratungsfirma Barkow Consulting profitieren die amerikanischen Institute unter anderem davon, dass ihnen in der Krise Staatshilfe geradezu aufgezwungen wurde. „Die US-Banken verfügen über eine solidere Kapitalbasis, auch weil die Regierung sich in der Finanzkrise praktisch an allen großen Banken beteiligt hat. Das war im Nachhinein sicher ein guter Schritt.“ Er erleichterte den amerikanischen Geldhäusern auch kräftige Abschreibungen auf faule Kredite: „In Europa läuft die Bereinigung der Bilanzen langsamer, also der Abbau riskanter Kreditportfolios wie beispielsweise der Schiffsfinanzierung“, sagt Müller-Tronnier.

Deutsche Banken in der Zinsfalle

JP Morgan profitierte nach eigener Aussage auch davon, dass die Zinsen in den USA gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen sind. Die US-Notenbank Federal Reserve hatte ihren Leitzins Ende 2015 erstmals seit der Finanzkrise angehoben, er liegt jetzt bei 0,25 bis 0,5 Prozent. Dagegen senkte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins im März auf null. „Darunter leidet insbesondere der deutsche Bankensektor, weil er traditionell sehr einlagenstark ist“, sagt Berater Barkow. Die Geldhäuser haben deswegen teilweise überschüssige Liquidität, für die sie Strafzinsen bei der EZB berappen müssen. Diese Kosten können sie aber nur eingeschränkt an ihre Kunden weitergeben. Bei Firmenkunden und reichen Privatanlegern geschieht das zwar bereits, nicht aber bei normalen Kontoinhabern. Denn hier müssten die Banken fürchten, dass die Kunden ihr Geld einfach abheben.

„Selbst wenn die Zinsen wieder steigen, ist das Problem nicht vom Tisch“, warnt Barkow. Denn die Banken werden ihren Kunden dann sofort höhere Einlagenzinsen zahlen müssen, auf ihre langfristig angelegten Gelder aber nicht sofort höhere Zinsen bekommen – daraus ergibt sich zunächst ein negativer Effekt für die Gewinn- und Verlustrechnung.

Auch EY-Experte Müller-Tronnier hat für die deutschen Banken wenig Aufmunterndes zu bieten. Wegen der Vielzahl an Instituten sei der Wettbewerb einfach enorm. Das gelte nicht nur im klassischen Geschäft mit Krediten und Einlagen, sondern auch bei der Begleitung von Börsengängen oder in der Vermögensverwaltung. „Da muss man noch einen Schlüssel finden, wie man sich von anderen so abhebt, dass man Marktanteile erobern kann.“ Letztlich sei eine Marktbereinigung unausweichlich: „Es wird zu Fusionen und Übernahmen kommen.“