Er wiegt voll nur vier Kilo – und bringt auch sonst Erleichterung. Die Hohenheimer Forscherin Katrin Pütz hat einen Biogas-Rucksack erfunden und vermarktet ihn in Afrika.

Hohenheim/Addis Abeba - Manchmal sind die simpelsten Ideen die effektivsten. Das gilt sicher für den Biogas-Rucksack, den Katrin Pütz erfunden hat. Der 32-jährigen Doktorandin der Universität Hohenheim im Fach Agrartechnik, die derzeit in Äthiopien lebt, ist es gelungen, sozusagen Energie zum Einpacken zu entwickeln. Diese Idee könnte das Leben vieler Menschen in Afrika nachhaltig verändern – und das wiederum hat die Siemens Stiftung so beeindruckt, dass sie Katrin Pütz Ende Oktober mit dem „Empowering People Award“ ausgezeichnet hat.

 

Biogas statt Holz und Kohle

Das Prinzip ist einfach: Statt mit Holz zu kochen und zu heizen, von dem es meist ohnehin viel zu wenig gibt und das mühsam beschafft werden muss, könnten die Menschen im ländlichen Afrika mit dem von Pütz entwickelten Rucksack Biogas aus größeren und kleineren Anlagen zu sich nach Hause transportieren.

Das würde Mensch und Umwelt entscheidende Vorteile bringen: Die schädlichen Abgase durch die fossilen Brennstoffe fallen weg, und auch den Menschen wäre geholfen, weil sie nicht mehr ständig dem Qualm ausgesetzt wären, der beim Verbrennen von Holz oder Kohle in geschlossenen Räumen entsteht. Dies könnte die Zahl der Atemwegserkrankungen und Augenentzündungen reduzieren, die weit verbreitet sind.

Es besteht keine Explosionsgefahr

Dabei ist der Rucksack so sicher, dass er die Benutzer nicht gefährdet: Er besteht aus mehreren Schichten Kunststoff, wiegt voll nur etwa vier Kilo und wird ohne Druck befüllt. Darum besteht keine Explosionsgefahr. Selbst wenn das Biogas so ungünstig mit Sauerstoff reagiert, dass es sich entzündet, brennt der Rucksack kontrolliert ab.

Zudem ist die Erfindung leicht zu handhaben. Der Rucksack fasst einen Kubikmeter Biogas, was etwa dem Tagesbedarf einer Familie entspricht. Die Menschen laufen mit ihm zu einer zentralen Biogasanlage und zapfen dort ihre Energie. Zuhause deponieren sie den Rucksack vor der Hütte und drücken das Gas heraus. So können sie dann zum Beispiel kochen. Damit das funktioniert, hat Katrin Pütz auch gleich noch einen Aufsatz für die Electric Mitads – die beliebten elektrischen Öfen für die Küche – entwickelt. Damit ist die Biogas-Variante der Öfen vom Stromnetz unabhängig.

Den Rucksack gibt’s zum Marktpreis

Ihre Idee mit dem Biogas-Rucksack versteht Katrin Pütz ausdrücklich nicht als Entwicklungshilfe. Der Forscherin geht es darum, dass die Menschen im ländlichen Afrika ihre Lebensbedingungen nicht durch Spenden oder Geschenke, sondern durch den Aufbau eines eigenen kleinen Geschäfts „langfristig, unabhängig und mit Würde“ verbessern können. „Der Rucksack wird deshalb auch nicht verschenkt, sondern zum Marktpreis verkauft“, erläutert Pütz. Er soll den Anreiz dazu bieten, sich selbst zu einem günstigen Preis eine Existenzgrundlage zu sichern.

Deshalb hat sie eine Firma gegründet, die die Rucksäcke vermarktet. Doch allein ums Geld geht es der Hohenheimer Agrartechnikerin nicht. (B)energy, wie sie das Start-up-Unternehmen genannt hat, fällt in die Kategorie Social Business – das bedeutet, dass die Firma nicht auf Gewinnmaximierung ausgelegt ist, sondern vielmehr helfen will, soziale Probleme zu lösen.

Per Mikrofinanzierung zum neuen Rucksack

Der Verkauf der Biogas-Rucksäcke soll nach dem Franchise-Prinzip funktionieren – das heißt, im ganzen Land sollen Verkaufsstellen für Biogas und die Rucksäcke eingerichtet werden. Jene Verkaufsstellen wiederum würden den Betreibern auch kleinerer Biogasanlagen die Existenz sichern, weil sie durch den Verkauf des Biogases ein sicheres Einkommen hätten.

Die Tatsache, dass sich viele Kleinbauern die Anschaffung des Biogas-Rucksacks vermutlich nicht auf Anhieb leisten können, hat Katrin Pütz ebenfalls bedacht. Deshalb bietet ihr Unternehmen neben Wartung und Service der Rucksäcke auch eine Mikrofinanzierung an. „Dann können die Menschen den Rucksack nach und nach abbezahlen“, erklärt sie.

Für die Forscherin Katrin Pütz ist jedenfalls klar: „In Sachen Biogas braucht es keine Entwicklungshilfe.“ Ihr Zauberwort heißt Kaufkraft – und die sollen die Menschen in Afrika mit Hilfe des Biogas-Verkaufs selbst erlangen.