Parkplatznot in fortgeschrittenem Stadium – was uns der Fall der CDU-Stadträtin Iris Ripsam sagt. Ein Kommentar von Lokalchef Jan Sellner.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - In der Reihe „Themen, die die Stadt aufregen“, widmen wir uns aus aktuellem Anlass dem Thema Parkplatz. Der Parkplatz, laut Duden „eine Stelle, an der ein Auto geparkt werden kann“, ist grundsätzlich problembehaftet. Das hat damit zu tun, dass Parkplätze in der Regel besetzt sind, speziell wenn sie sich in der Innenstadt befinden. Dort übersteigt die Zahl der Parkplatzsucher die der Parkplätze bei Weitem – zumindest empfindet es der gemeine Parkplatzsucher so. Argwöhnisch registriert er, wie sich verkehrsberuhigte Zonen unaufhaltsam ausbreiten. Parkplätze in zentraler Lage sind tatsächlich ein seltenes Gut, was Freunde der individuellen Stellfläche nicht davon abhält, danach zu streben. Je länger die aussichtslose Parkplatzsuche, desto größer allerdings das Risiko persönlicher Ausnahmezustände – erst recht wenn Eile herrscht. Nicht umsonst spricht man von Parkplatznot. Kleine und große Tragödien sind die fast unausweichliche Folge.

 

Nach diesen allgemeinen soziologischen Betrachtungen widmen wir uns zwei konkreten Fällen aus jüngster Zeit: In der Tunzhofer Straße im Stuttgarter Norden hat dieser Tage ein unbekannter, parkplatzgetriebener Mann einen 56 Jahre alten Autofahrer tätlich angegangen. Der 56-Jährige parkte sein Auto am Straßenrand, als der unbekannte Parkplatzsucher ihn wissen ließ, dass er schon länger auf diesen Parkplatz warten würde. „Nachdem der Autofahrer den Platz nicht frei machte, spuckte ihn der Unbekannte an, holte eine Eisenstange aus seinem Auto und bedrohte damit den Mann“, notierte die Polizei. Ein Beispiel für die extremste Form der Parkplatznot – den Parkplatzwahnsinn. Krass, aber gar nicht so selten. Wirksame Therapien dagegen sind nicht bekannt. Der Verweis auf öffentliche Verkehrsmittel hilft wenig.

Der Druck hat eine heilsame Wirkung

Der andere konkrete Fall betrifft die Stuttgarter CDU-Stadträtin Iris Ripsam. Sie hat in ihrer Parkplatznot im Parkhaus des Schwabenzentrums eine spezielle Parknische entdeckt. Dort parkte sie regelmäßig nach dem Motto: Wenn die Parkplatznot am größten ist, ist der Behindertenparkplatz am nächsten. Ein Behindertenparkplatz, zeigt ein weiterer Blick ins Lexikon, „ist eine spezielle, oft barrierefreie, Parkmöglichkeit für Menschen mit besonderen Anforderungen. Er ist eine Maßnahme zum Ausgleich von Nachteilen.“ Menschen, die sich glücklich schätzen können, ohne besondere Anforderungen leben zu können, haben dort nichts zu suchen.

Das gilt vor allem für Stadträtin Ripsam, die in dieser Hinsicht ein Vorbild sein sollte. Immerhin hat der Gemeinderat in Zusammenhang mit der UN-Behindertenrechtskonvention versprochen, sich dafür einzusetzen, „dass die Bürger mehr Verständnis für Menschen mit Behinderung, für ihre Rechte und Bedürfnisse sowie für ihre Möglichkeiten der Teilhabe am Leben in der Stadtgesellschaft entwickeln“. Angesprochen sind aber auch andere Parkplatzsucher. So hat das Ordnungsamt dieses Jahr mehr als 7300 Falschparker auf Behindertenparkplätzen im Stadtgebiet gezählt – Verstöße in den privat betriebenen Parkhäusern nicht mitgerechnet, wo oft auch Frauenparkplätze zugestellt werden.

Iris Ripsam hat sich für ihr chronisches Fehlparken inzwischen entschuldigt; Berichterstattung, Leserstimmen und Druck aus der eigenen Fraktion haben in diesem prominenten Fall innerer Parkplatznot eine heilsame Wirkung getan.

jan.sellner@stzn.de