Selbst Barack Obama zählt zu seinen Fans: US-Sänger Aloe Blacc, der am Donnerstag mit Emeli Sandé bei den Jazz Open der erkrankten Sting ersetzt, sagt unserer Zeitung: „Das Beste an Jazz ist Improvisation.“
Stuttgart - Zum Konzertbesuch auf dem Schlossplatz bringt Rainer Simon am Mittwochabend Stift und Zeichenblock mit. Der Grafiker, Illustrator und Maler aus Böblingen hält sich an das Fotografierverbot des Literaturnobelpreisträgers – und macht eine Kunst daraus. Der 73-Jährige will den eines Tages vielleicht mal legendären Auftritt von Bob Dylan bei den Jazz Open auf seine Weise für die Nachwelt festhalten – mit einer Zeichnung aus Stuttgarts „Never Forget Summer“ von 2019.
Keine Pressefotografen sind zugelassen, aber auch Selfies mit dem Smartphone sind verboten. Große Warnschilder weisen darauf hin. Rot durchgestrichen sind darauf Fotoapparate, Handys, Video- und Tonbandgeräte. „Bei Zuwiderhandlungen wird das Gerät einbehalten“, ist zu lesen, „und die beteiligten Personen werden von den Konzerten ausgeschlossen.“
Doch ist überhaupt rechtlich zulässig, was am Eingang des umzäunten Festivalgeländes steht? „Alles Quatsch“, antwortet der renommierte Stuttgarter Rechtsanwalt Hanno H. Haupt, „nie kann eine Privatperson jemanden ,enteignen’ – wir sind ja nicht in Nordkorea.“ Von einem Konzert allerdings könne ein Besucher oder eine Besucherin jederzeit ausgeschlossen werden. „Denn der Veranstalter hat das Hausrecht“, sagt Haupt. Tonband-und Videoaufnahmen, fährt der Anwalt fort, unterlägen dem Urheberrecht: „Wenn davon etwas verbreitet wird, kann Ärger drohen.“
Punkt 20.15 Uhr betritt Dylan grußlos die Bühne
Bob Dylan hat es fast pünktlich geschafft: 20.15 Uhr betritt der Altmeister grußlos die Bühne. Die erste Erkenntnis ist des Abends: Der Mann mit dem Hut kann sogar lächeln. Nicht nur einmal, gleich mehrmals grinst er ins Publikum, das sich weitgehend an das Fotografierverbot hält: Vor der Bühne wird nicht geknipst. Hinten auf der Tribune schon.
Ein bisschen Hyde-Park-Atmosphäre herrscht auch auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Bei schönem Wetter kommen sehr viele mit Picknickdecken und Getränken, um sich auf dem Rasen auszubreiten und als Zaungäste die Konzerte zu verfolgen. Manche sitzen auf der Freitreppe am Kunstmuseum, an deren Ende sich die offizielle „Jazz Open –Lounge“ befindet, zu der das Waranga in diesen Festivaltagen wird.
Singt Sting im nächsten Sommer bei den Jazz Open?
Ein Treffpunkt der Künstler und Jazzfreunde ist die Bar mit der großen Palme auf dem Kleinen Schlossplatz. Ein Thema dort: Wird der erkrankte Sting im nächsten Jahr bei den Jazz Open auftreten? Veranstalter Jürgen Schlensog hofft, dass dies gelingt. Die ganze Nacht hat er sich um Ersatz bemüht. Nach José James, schon als Support von Sting gebucht, treten der Singer/Songwriter Aloe Blacc und Stimmwunder Emeli Sandé auf.
Der US-Amerikaner Aloe Blacc („I Need a Dollar“) hat Freunde in Stuttgart: Auf Durchreise besucht er immer wieder Alexander Osterwald und Jörn Pfotenhauer, die Chefs der Agentur ECD International. Mit ihnen saß er am Mittwochmittag zum Essen im Restaurant Citizen Long an der Stiftskirche.
Aloe Blacc: Beim Jazz geht es ums Improvisieren
„Die Jazz Open sind das wichtigste Jazzfestival in Deutschland“, sagt Aloe Blacc unserer Zeitung. Das Beste am Jazz sei das Improvisieren, findet er. Nach der krankheitsbedingten Absage von Sting müsse nun improvisiert werden. „Stings Stimme und seine Songs lassen sich nicht ersetzen“, erklärt der coole Blacc, „aber Entertainment traue ich mir zu.“
Beim Streaming-Dienst Spotify hat Ex-Präsident Barack Obama seine Playlist veröffentlicht, seine Lieblingssongs, unter denen sich „The Man“ von Aloe Blacc befindet. Der Sänger fühlt sich geehrt. „Es ist großartig“, sagt er, „wenn man einem so viel beschäftigten Mann wie Obama helfen kann, mit Musik runterzukommen.“ Steht Aloe Blacc auch auf der Playlist des neuen Präsidenten? „Von wem?“, fragt der 40-Jährige zurück und lächelte mehr wie ein Kumpel als wie ein Superstar. Den Namen Donald Trump nimmt er nicht in den Mund.