Der Radweg rund um den Bodensee gilt als eine der beliebtesten Radwanderstrecken in Deutschland. Mittlerweile ist er gut ausgebaut. Nur am westlichsten Zipfel des Untersees gibt es nach 25 Jahren Planung noch immer eine kleine Lücke.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Öhningen - Die Höri, so lernen es die Schulkinder am Bodensee, verdankt ihren Namen dem Herrgott höchstpersönlich. Der soll beim Anblick der lieblichen Halbinsel südlich von Radolfzell von seinem eigenen Werk so angetan gewesen sein, dass er sich mit den Worten „Jetzt höri uff“ aufs Altenteil verabschiedete. Doch ganz perfekt ist ihm das Meisterstück dann doch nicht gelungen. Zwischen Öhningen und seinem Teilort Wangen, wo der Untersee immer schmaler wird und sich dann in den Rhein verflüssigt, fehlt ein kleines Stück Radweg. Und das sei „eine Katastrophe“, schimpft der Öhninger Bürgermeister Andreas Schmid.

 

Nichts gegen den lieben Gott

Den lieben Gott würde der CDU-Politiker niemals beschimpfen. Sein Zorn zielt vielmehr auf das Regierungspräsidium. Auch dessen Wege scheinen aus Sicht der Öhninger allmählich unergründlich zu sein. Trotz 25-jähriger Planungszeit hat es die Freiburger Behörde immer noch nicht geschafft, die Lücke im Radweg zu schließen. Im Herbst war der Erörterungstermin des Planfeststellungsverfahrens. „Wir dachten, jetzt klappt es.“ Doch nun wechselt schon wieder der Sachbearbeiter.

Es geht nicht um irgendeinen Radweg , sondern um ein Teilstück des Bodenseeradwegs – nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs hinter dem Ostseeradweg auf Platz zwei bei den für diesen Sommer geplanten Radreisen in Deutschland. Mehr als 220 000 Radler umrunden jährlich in mehrtägigen Etappen das größte Binnengewässer Mitteleuropas. Vom Frühjahr bis in den Oktober hinein, der am See besonders golden ist, herrscht reger Radfahrverkehr auf den seenahen Trassen. 260 Kilometer misst die Rundtour. Siegfried Schnur, der Ortsvorsteher von Wangen, hat sie im vergangenen Sommer selbst abgefahren. In Begleitung eines Kollegen aus dem Ortschaftsrat schwang er sich auf den Sattel. Eine schöne Tour sei das gewesen. Und überall, das schmerzt den Ortsvorsteher, sei der Weg besser gewesen als zwischen Öhningen und Wangen. „Vor allem die Schweiz hat viel gemacht“, sagt er. Die Radler fahren mal auf Seeuferwegen, mal auf baulich abgetrennten Begleitstreifen neben der Straße.

Der Ortsvorsteher steigt selbst aufs Rad

Nur am Ortsende von Wangen werden die Zweiradfahrer seit jeher auf die Landesstraße ausgespuckt, um wenige Hundert Meter weiter die Landesstraße kurz vor einer Kurve erneut überqueren zu müssen, eine viel zu steile Stichstraße hinunterzurasen und dann an einem Fachwerkgebäude scharf rechts auf den Seeuferweg abzubiegen. Regelmäßig gebe es Schürfwunden. „Es ist ein Wunder, dass noch nicht mehr passiert ist“, sagt Schnur. Ein Radweg entlang der Landesstraße könnte Abhilfe schaffen und obendrein den Schülerverkehr zum Gymnasium in Gaienhofen sicherer machen.

500 Euro für ein unbebaubares Grundstück

Auch im Stuttgarter Verkehrsministerium hält man den Bau des Öhninger Radwegs für ein dringendes Projekt. Die Finanzierung sei gesichert, heißt es. 2,34 Millionen Euro dürfte das kurze Stück Radweg kosten, was auch an den hohen Grundstückspreisen liegt. Neun Seeparzellen müssen beschnitten werden. Zwar soll der Weg auf der dem See abgewandten Seite gebaut werden. Doch wer für seine – unbebaubare – private Liegewiese mehr als 500 Euro pro Quadratmeter bezahlt hat, gibt ungern ab.

Das Regierungspräsidium kann übrigens die Öhninger Ungeduld nicht verstehen. Trotz des Sachbearbeiterwechsels wolle man nun wirklich 2017 mit dem Bau beginnen, versichert der Sprecher Matthias Henrich. Voraussetzung sei, dass gegen den Planfeststellungsbeschluss nicht geklagt werde. Damit ist allerdings zu rechnen. „Mit den Einheimischen wird man sich schnell handelseinig“, sagt Schnur. Doch die meisten Parzellen gehören auswärtigen Eigentümern. So gilt bis auf Weiteres: Wer die Radweglücke meiden möchte, nimmt zwischen Radolfzell und Stein am Rhein die Abkürzung über den Schiener Berg. Das ist schweißtreibend. Dafür kann man von oben betrachten, wie gut dem Herrgott die Höri gelungen ist.