Vor 75 Jahren sind bei einem Bombenangriff 19 Menschen gestorben – Kinder, Frauen, ältere Männer.

Leonberg - Am Sonntag, 1. März, jährt sich zum 75. Mal die Bombardierung der Stadt. Dabei sind 19 Menschen ums Leben gekommen: Kinder, Frauen und ältere Männer. Die Flieger haben ihre todbringende Last offenbar nur abgeworfen, um nicht damit landen zu müssen.

 

Die Menschen, die in diesen Kriegstagen ständig mit Luftalarm konfrontiert waren, nahmen die Warnungen nicht mehr ernst. Viele Leonberger gingen einfach den täglichen Geschäften nach – die ersten Arbeiten in den Gärten standen an. Und so haben nur die Vorsichtigen, die in den Luftschutzbunkern in der Goethestraße geblieben waren, den Angriff unbeschadet überlebt. Gegen 15.20 Uhr haben etwa zwei Dutzend zweimotorige amerikanische Marauder-Bomber innerhalb weniger Sekunden ihre tödliche Last über der Stadt abgeworfen. Danach drehten sie nach Westen ab.

Glück im Unglück

Etwa 70 Sprengbomben und 20 Flammenstrahlbomben gingen über Leonberg nieder, auch zwölf besonders perfide Bomben mit Zeitzünder. So hatte sich in einem Gespräch vor 20 Jahren Else Häcker daran erinnert, dass eine solche Bombe nach Mitternacht im Garten der Familie an der B 295 gegenüber dem Hasenbrünnele hochgegangen war – verletzt wurde niemand.

Dabei war es noch Glück im Unglück, dass beim Anflug die Bombenschützen in den Maschinen wohl einige Sekunden zu früh auf die Auslöser drückten – rund zwei Drittel der Bomben fielen auf die Äcker beim Hasenbrünnele. Aber die Bewohner der Goethestraße, der Graf-Eberhard-Straße und der Eltinger Straße traf es schwer. Geringere Schäden gab es in Eltingen. 20 Häuser wurden völlig zerstört, etwa 300 beschädigt.

Foto: Archiv/Gorr

„Ich war noch keine drei Jahre alt, aber dieser Tag hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt, als sei es gestern gewesen“, erinnert sich der Leonberger Optikermeister Werner Zerweck. Die Tragödie nahm ihren Lauf, als eine der großen Sprengbomben die Häuser der Familie an der damaligen Unteren Marktstraße 3 und 5 traf. Die Straße gibt es nicht mehr, an der Stelle steht heute an der Graf-Eberhard-Straße das Haus der Familie mit dem Brillenstudio. Martin Zerweck, der am 4. April sechs Jahre alt geworden wäre, wurde tot aus den Trümmern geborgen. Gestorben war auch seine Tante Gretel Besserer, die auf die Kinder aufpasste. Schwer verletzt wurde die Haushälterin des Großvaters, Hermine Fischer. Sie starb zwei Wochen später im Krankenhaus.

19 Menschen sterben beim Angriff

Es dauerte mehr als zwei Stunden bis man Werner Zerweck in den Trümmern fand, er war bis zum Hals verschüttet, hatte aber nur einige kleine Platzwunden. Vater Gotthold Zerweck konnte bei der Rettung seines Kindes nicht helfen. Er war an dem Tag in Pforzheim, wo er in einem Zünderwerk dienstverpflichtet war, um nach dem schweren Luftangriff auf die Stadt am 23. Februar 1945, der mehr als 17 600 Tote gefordert hat, bei den Aufräumarbeiten zu helfen.

Foto: Stadtarchiv

Der Leonberger Hermann Beile, der seinerzeit als 26-jähriger Leutnant Messoffizier und Batterieführer einer 8,8-Flakstellung zwischen Stuttgart/Vaihingen und Büsnau war, hat in seinen Erinnerungen den Tag als besonders schön geschildert – der Himmel sei blau gewesen und die Sicht reichte 150 Kilometer weit. In der Flakstellung war das Geschwader, das Leonberg angriff, bestens bekannt. Etwa 100 der zweimotorigen Bomber mit dem knallroten Leitwerk waren im französischen Dijon stationiert.

Am Vormittag des 1. März 1945 waren sie über den Schwarzwald nach Norden gezogen und hatten Heidelberg, Mannheim und Würzburg angegriffen. Etwa 25 Maschinen kamen über Heilbronn zurück. In 3000 Meter Höhe flogen sie mit offenen Bombenschächten auf die feuerbereiten Geschütze zu. Die Piloten kannten aber die Stellung und drehten über Leonberg ab. Hier klinkten sie ihre todbringende Last aus, denn kein Pilot lässt sich freiwillig auf eine Landung mit Bomben im Schacht ein. 14 Menschen starben unmittelbar bei dem Bombenangriff. Von den 46 Verletzten erlagen fünf ihren Wunden.

Das waren die Opfer

Opfer des Luftangriffs wurden: Karl Frick (79 Jahre alt), seine Ehefrau Friedericke (79) und ihre drei Enkelkinder Ruth (16), Johanna (12) und Rosemarie Pflugfelder (9), ferner Martin Zerweck (6), Margarete Besserer (40), Ludwig Keppner (16), Jakob Bender (73), Emma Knaisch (35), Paul Schmalzriedt (54), Gertrud Joss (45), Lina Längerer (45), Christian Krieg (76), Marie Beckert (82), Hermine Fischer (64), Maria Beutelspacher (66), Emma Eckart (57) sowie Hilde Ruff (17).

Es waren nicht immer die massiven Bombenangriffe, nach denen Opfer zu beklagen waren. Vor allem Piloten von sogenannten Jabos (Jagdbombern) brausten über die Ortschaften und Felder hinweg und schossen auf alles, was sich zeigte. Bombenangriffe gab es schon 1942. Im Mai wurden Brandplättchen im Wald bei Eltingen abgeworfen. Am 19. Mai beschoss ein Flieger das Bahnhofsgebiet.

Brandbomben auf die Michaelskirche

Am 29. Juli 1944 fielen Brandbomben auf die Michaelskirche. Allerdings konnte das Feuer rasch gelöscht werden. Die ersten Opfer in Eltingen waren Ende Juli ein Mann und seine Tochter, die bei einem Fliegerangriff im Silberberg starben.

Drei Tage nach dem Angriff auf Leonberg starb am 4. März 1945 in Eltingen einen Frau nach einem Luftangriff. Am 29. März wurde ein Landwirt bei Feldarbeiten samt seinen Ochsen von einem Tiefflieger erschossen. Bei einem Angriff am 8. April starben eine Frau und zwei Kleinkinder. Auch vier Wehrmachtsangehörige und ein russischer Zwangsarbeiter wurden Opfer dieses Angriffs.