Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie verzeichnen ästhetisch-plastische Chirurgen einen regen Zulauf. Andrea Fornoff, die Leiterin der Klinik für Plastische Chirurgie in Stuttgart-Degerloch, erklärt, wieso.

Degerloch - Corona hat alles durcheinandergewirbelt. Manche Branchen liegen seit dem Ausbruch der Pandemie darnieder. So darbt beispielsweise der gesamte Veranstaltungsbereich, auch Gastronomen spüren deutliche Einschnitte. Andere Geschäftszweige wiederum erleben einen Boom. Viele Menschen nutzten die vergangenen Monate, um ihr Haus renovieren zu lassen. Oder aber auch, um ihren Körper in Schuss zu bringen.

 

Fachärzte für plastische und ästhetische Chirurgie, landläufig Schönheitschirurgen genannt, haben regen Zulauf. Andrea Fornoff, die die Klinik für Plastische Chirurgie in Degerloch mit Peter Hollos leitet, schätzt, dass seit Corona etwa zehn bis 15 Prozent mehr Patienten kommen. Eingriffe am Gesicht, etwa Straffungen, oder das Anlegen von Ohren seien seit einiger Zeit „deutlich verstärkt nachgefragt“, sagt die Medizinerin. „Ob das anhält, weiß ich nicht“, fügt sie hinzu.

Das Phänomen gibt es bundesweit. Im Sommer befragte die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) ihre Mitglieder zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Das Ergebnis: Während der überwiegende Teil der Fachärzte angab, dass noch im Frühjahr, also in der ersten Corona-Hochphase, bis zu 50 Prozent der geplanten Eingriffe abgesagt und verschoben worden waren, stellten 59 Prozent der Mediziner nach dem Ende des Lockdowns einen Anstieg bei den Behandlungen und Operationen fest. Besonders Faltenunterspritzungen, Botoxbehandlungen und Oberlidstraffungen standen demnach im Fokus.

Mehr Lehrer als sonst in den Schönheitspraxen

In der alten Villa an der Degerlocher Jahnstraße wurde während der gesamten Corona-Zeit praktiziert, lediglich große, nicht medizinisch notwendige Operationen, die möglicherweise Kapazitäten bei den Intensivbetten hätten binden können, wurden verschoben. „Die Nachfrage war auch zur Hochzeit groß“, sagt Andrea Fornoff. Homeoffice macht’s möglich, und das aus mehreren Gründen.

Die promovierte Fachärztin für plastische und ästhetische Chirurgie erklärt, dass sie etliche Patienten behandelt hat, „die vor Corona schon lang überlegt hatten und plötzlich Zeit hatten“. Durch die Arbeit daheim hat so mancher die Chance gesehen, sich zu Hause schonen zu können und gleichzeitig den neugierigen Kollegen aus dem Weg zu gehen. Wieder andere hatten oder haben durch die Reisebeschränkungen Urlaubstage übrig. Weiterer Vorteil für viele: Durch Mund-Nasen-Masken lassen sich blaue Flecken oder Schwellungen, die bei Lippen- oder Faltenbehandlungen entstehen können, geschickt verbergen.

Andrea Fornoffs Erfahrungen decken sich mit denen der DGÄPC. So bestätigte jeder dritte Facharzt, dass Patienten die Zeit im Homeoffice gezielt genutzt haben, um etwas an sich machen zu lassen. Sogar bei den Berufsgruppen gab es Auffälligkeiten: 27 Prozent der befragten Mediziner gaben an, in diesem Frühjahr mehr Lehrer als sonst in ihrer Praxis begrüßt zu haben. Knapp jeder zehnte Arzt habe mehr Kundschaft aus der Gastronomie behandelt.

Manchen fehlte das Geld für die OP

Hinzu kommt: In manchen Fällen ist durch Corona einfach Geld übrig. Zwei von drei Medizinern stimmten laut der DGÄPC der Aussage zu, dass Patienten ihr Gespartes in eine Beautybehandlung investiert haben, weil in diesem Jahr teure Auslandsreisen entfallen. Nicht immer ist das aber so. Andrea Fornoff berichtet von Kundschaft, die durch Corona durchaus große finanzielle Einbußen hat und das Geld daher zusammenhalten muss: „Wir haben auch Patienten, die sagen, es wäre jetzt mal wieder Zeit für Botox, aber ich kann gerade nicht.“