Nur wenige Meter vom rettenden Strand entfernt, ertrinken im sizilianischen Urlaubsort Catania sechs afrikanische Flüchtlinge, weil ihr Boot auf einer Sandbank auflief. Auf dem Boot waren auch Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien.

Catania - Drei Kreuzfahrtschiffe mit über zehntausend Urlaubern, ein Fischerboot mit hundert Flüchtlingen – und sechs Leichen am Badestrand. Der Samstag war ein Tag der Extreme für die Stadt Catania am Fuß des Ätnas. Den kaufkraftstarken Schiffstourismus anzukurbeln ist erst jetzt in nennenswertem Umfang gelungen. Weitab aller Routen lag die ostsizilianische Stadt bis zu diesem Wochenende auch in Bezug auf die Flüchtlinge, die wieder zu Zehntausenden von Nordafrika nach Europa strömen.

 

Das Fischerboot mit den Menschen aus Syrien, Ägypten und Somalia kam am Samstag in der Morgendämmerung an. Etwa fünfzehn Meter vor Catanias Strand, der bei Touristen wie Einheimischen beliebt ist, lief es auf eine Sandbank.

Etliche junge Männer sprangen ins Wasser, um – wie Ermittler danach bei ihren Begleitern erfragten – das Ufer zu Fuß zu erreichen. Das Meer war allerdings um einiges tiefer, als sie dachten. Weil sie nicht schwimmen konnten, ertranken sechs von den Männern; sie waren zwischen 16 und 24 Jahren alt. Polizei, Feuerwehr und die ersten Badegäste retteten die anderen – unter ihnen mehr als fünfzig Minderjährige und Kleinkinder.

Woher das offenbar robuste Boot mit den arabischen Aufschriften wirklich kam, war am Sonntag noch unklar. Die Flüchtlinge behaupteten, sie seien vor einer Woche im ägyptischen Alexandria losgefahren, die Syrer an Bord wollten sich vor dem Bürgerkrieg zu Verwandten in Frankreich retten. Die Ermittler halten es aber auch für möglich, dass Schleuser sie auf einem größeren Schiff zuerst bis kurz vor Sizilien geschafft hatten und auf hoher See in kleinere Boote verteilten.

1500 Dollar für einen Platz an Bord

So hatten es in den großen Schmuggelzeiten vor drei, vier Jahrzehnten die Italiener mit ihren Zigarettenladungen gemacht, so machen es professionelle Menschenschmuggler aus Nordafrika heute. 1500 Dollar will ein 19-jähriger Syrer an die Organisatoren bezahlt haben: „Nur einmal am Tag gaben sie uns Wasser zu trinken, nur alle 48 Stunden ein Stück Brot“, zitierte ihn am Sonntag die Zeitung „La Repubblica“: „Und – verflucht – dann haben sie mich auch noch in Italien abgesetzt, nicht in Frankreich, wie vereinbart.“

Nach einem starken Rückgang 2012 haben die Flüchtlingszahlen in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres wieder erheblich zugenommen. Nach Angaben der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex sind allein auf der Insel Lampedusa mehr als 12 000 Afrikaner und Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Nahen Osten gelandet; im Vergleichszeitraum 2012 waren es 7000. Im bisher „historischen“ Spitzenjahr 2011, während des Arabischen Frühlings, waren von Januar bis Juli mehr als 50 000 Menschen übers Meer gekommen.