Die Lage in Bosnien wird als unfertiger Friede bezeichnet. Statt Gewalt herrscht gegenseitige Blockade. Das macht das ethnisch gemischte Land anfällig für Destabilisierung.

Sarajevo - Verteidigungsminister Boris Pistorius will das Engagement Deutschlands in Bosnien-Herzegowina kontinuierlich fortsetzen. "Wir wollen Bosnien und Herzegowina nach Kräften unterstützen und verhindern, dass Russland einen weiteren Krisenherd, einen weiteren möglicherweise zu destabilisierenden Raum missbraucht, um seinen Einfluss zu erweitern in der Annahme oder in der Hoffnung, den Westen in irgendeiner Weise destabilisieren zu können", sagte der SPD-Politiker am Dienstag in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Zukan Helez. Pistorius ermunterte Bosnien zu weiteren Reformanstrengungen auf dem Weg in die EU und die Nato. 

 

Der Abspaltungsrhetorik führender Vertreter der bosnischen Serbenrepublik ("Republika Srpska") erteilte Pistorius eine deutliche Absage, indem er sagte, man könne nicht auf zwei Hochzeiten tanzen. Deutschland nehme die Spannungen auf dem Balkan mit gewisser Sorge wahr. Der gesamte westliche Balkan sei für die Sicherheit und die Stabilität in Europa von großer Bedeutung. 

Helez sagte, Bosnien-Herzegowina werde eine solche Abspaltung nie akzeptieren, spüre aber die Destabilisierung. Er sagte: "Das sind Träume, die niemals wahr werden." Auf Nachfrage machte er zugleich deutlich, dass in letzter Konsequenz die Nato die Stabilität des Landes garantieren müsse.

Weitere Programmpunkte auf der Balkan-Reise

Pistorius reiste aus dem Kosovo kommend an, um in Sarajevo Regierungsvertreter und den Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft, den Deutschen Christian Schmidt, zu sprechen. Er besuchte eine von Deutschlands mitfinanzierte Sprachenschule der bosnischen Streitkräfte. Am Mittwoch wollte er deutsche Soldaten der EU-Mission Eufor Althea in dem Land treffen.

Die Bundeswehr hat etwa 30 Männer und Frauen in Bosnien stationiert mit dem Ziel, einen Beitrag zur Stabilisierung zu leisten. Die Soldaten der Mission Eufor Althea tragen mit Patrouillen, dem Kontakt zur Bevölkerung und Institutionen sowie eigenen Lageberichten zu einem Informationsbild bei. 

Erklärte Aufgabe von Eufor Althea ist die Unterstützung des Dayton-Friedensabkommens, das den Bosnien-Krieg 1995 beendete. Das Land bleibt aber ein möglicher Konfliktherd. Sorgen lösten zuletzt Äußerungen Russlands und Versuche der Einflussnahme aus.

Rückschritte bei Aufarbeitung von Vergangenheit

Aus Sicht des Europarats ist aber auch die fehlende Vergangenheitsbewältigung auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens gefährlich für die Zukunft der Region. Der "bemerkenswerte Rückschritt" bei der Aufarbeitung gehe einher mit negativen Trends bei den Menschenrechten und bedrohe letztlich den hart erkämpften Frieden, sagte die Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Dunja Mijatović, schon im November in Straßburg.

"Spaltende und hasserfüllte Narrative und Aktionen sind zu einer allgemeinen politischen Strategie geworden, auch im Zusammenhang mit Wahlen, und untergraben auf gefährliche Weise die Bemühungen, das Wiederauftreten von Gewalt zu verhindern", hieß es seitens des Europarats. Die Bemühungen zur Versöhnung würden ernsthaft behindert, indem Kriegsverbrechen zunehmend geleugnet und Täter verherrlicht würden.