Am Montag beginnen die Aufräumarbeiten in der ausgebrannten Tiefgarage in Stuttgart-Neugereut. Weil die Garage einsturzgefährdet ist, sind die Arbeiten nicht ungefährlich. Eine ferngesteuerte Bergeraupe kommt zum Einsatz.

Stuttgart - Wenn’s brennt, ist Daniel Beyersdorf kurze Zeit später vor Ort. Und zwar in so regelmäßigen Abständen, dass er den Polizisten schon aufgefallen ist und sie ihn fast als mutmaßlichen Täter ins Verhör genommen hätten. „Sie haben aber festgestellt, dass ich erst nach den Bränden vor Ort bin – und nicht schon vorher“, sagt Beyersdorf. „Ein bisschen scherzen kann man ja schon untereinander.“ Man kennt sich an den Unglücksstellen mittlerweile. Beyersdorf war im Dezember vor Ort, nachdem das Parkhaus P7 in Bad Cannstatt gebrannt hatte. Und auch einen Tag nach dem Brand in der Tiefgarage in Neugereut war er an der Unglücksstelle. „Kaltakquise“, nennt der Niederlassungsleiter der Firma Gross in Köngen das ganz nüchtern. „Die haben das Problem, ich habe die Lösung.“

 

20 abgebrannte Autos werden abtransportiert

Bergeraupe Foto: Horst Rudel
Seine Lösung ist die ferngesteuerte Bergeraupe, die seit Dezember im Einsatz ist. Der Abtransport 20 abgebrannter Autos in der Tiefgarage in Neugereut wird ihr dritter Einsatz sein. Wie das so ist, wenn man ein neues Spielzeug hat, erzählt Beyersdorf voller Stolz und mit glänzenden Augen von seinem schweren Gerät, als er mit der Fernsteuerung in der Hand daneben steht, es vor- und zurückfahren lässt und zugibt: „Das teuerste ferngesteuerte Auto der Welt.“ Der Preis: 40 000 Euro.

Gerade die Fernsteuerung macht die Bergeraupe für den Einsatz in Neugereut so praktisch: Nach dem Brand in der Silvesternacht ist die Tiefgarage einsturzgefährdet. Ganz ungefährlich wäre es für Beyersdorf und seine Kollegen also nicht, die Autos mit üblichem Gerät zu bergen. Denn dafür müssten sie die Garage betreten.

Eine Kamera fehlt der Bergeraupe bisher

Am Montag wird der Einsatz vor Ort beginnen. Ein Raupenmaschinist wird das Gerät zu den Autos steuern, die nicht mehr fahrtüchtig sind und deswegen abtransportiert werden müssen. Ihm zur Seite steht ein Einweiser, der darauf achtet, dass das Fahrzeug nicht aneckt und problemlos vorankommt. „Das wird alles auf Sicht passieren“, erklärt Beyersdorf, denn eine Kamera fehlt der Raupe bisher.

Auf den ersten Blick sieht die Bergeraupe für das ungeschulte Auge eher klein und wendig als groß und leistungsstark aus. Die 25 PS machen nicht viel her, im Schritttempo lässt Beyersdorf die Raupe über den Hof rollen. Eindrucksvoll wird es aber spätestens in dem Moment, als Beyersdorf die Raupe vor einen Unfallwagen fahren lässt, um zu zeigen, wie der Abtransport funktioniert. Beyersdorf lässt den sogenannten Schlitten ausfahren, der sich die erste greifbare Achse krallt und fixiert. Anschließen schiebt sich die Raupe unter das Fahrzeug, bis auch die zweite Achse gegriffen ist. Das Auto steht fest, Beyersdorf legt den Rückwärtsgang ein.

Maßarbeit mit wenig PS

„Das ist ziemliche Maßarbeit mit einer Menge Power im Rücken“, sagt der Niederlassungsleiter und erklärt, dass diese Leistung nicht von den wenigen PS komme, sondern von der besonderen Hydraulik, mit der die Bergeraupe arbeitet. „Es sind unheimlich starke Kräfte am Werk“, sagt er. Im Internet habe er ein Video gesehen, in dem ein baugleiches Fahrzeug einen Kleintransporter aufnimmt. „Sie kann ja nicht nur Autos nach einem Brand abtransportieren, sondern auch in unwegsamen Gebieten Fahrzeuge bergen“, gerät Beyersdorf ins Schwärmen. „Und eine Seilwinde hat sie auch noch!“ In Wien wurden Kollegen mit ihrer Bergeraupe zu einem Auto gerufen, dass wegen einer Bombendrohung abtransportiert werden musste. „Die haben aus einem gepanzerten Polizeiauto gelenkt“, sagt Beyersdorf – und er ist offensichtlich beeindruckt.

Seit 2010 ist Beyersdorf zu zehn Einsätzen nach Parkhausbränden gerufen worden. „Nicht jeder Abschleppdienst hat diese Mittel zur Verfügung “, sagt er. Seine Bergeraupe sei die einzige in der Region. Mit den Bränden in den Garagen habe er, so versichert er mit einem Augenzwinkern, nichts zu tun – jedenfalls nicht im Vorfeld. „Immer nur danach.“