Nach dem Breitbandausbau im Fellbacher Oberdorf will die Telekom mit dem zweiten Bauabschnitt nicht lange warten. Ende 2021 soll auch das Gebiet zwischen Stuttgarter Straße und Stauferstraße mit Glasfaser versorgt sein – wenn es genug Kunden gibt.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Aufgesägte Gehwege, gesperrte Parkplätze und Stolperfallen im noch nicht wieder asphaltierten Straßenbelag: Seit Monaten graben sich die Glasfaser-Kolonnen durchs Fellbacher Oberdorf. Vom Fuß des Kappelbergs bis zur Stuttgarter Straße erstreckt sich das Arbeitsgebiet für den Breitbandausbau, teilweise waren 30 Bautrupps parallel im Stadtgebiet unterwegs. Bis Dezember will die Telekom die Leitungsarbeiten abgeschlossen und 300 Kilometer Glasfaserkabel in den Boden gebracht haben. Neben 10 500 privaten Haushalten sollen dann auch 2100 Unternehmen in den Genuss leistungsstarker Internetanschlüsse kommen können – Gewerbegebiete wurden bevorzugt mit den bis zu ein Gigabit schnellen Leitungen versorgt.

 

Gebucht werden mehr Tarife mit hoher Leistung

Parallel zum Endspurt des ersten Bauabschnitts soll jetzt die Werbetour für die zweite Tranche beginnen. Denn mit dem Breitbandausbau in den bisher schlecht versorgten Gebieten der Kernstadt will die Telekom nicht lange zuwarten. Schließlich hat sich spätestens mit der Homeoffice-Welle in der Corona-Krise gezeigt, dass schnelles Internet nicht nur nett ist, um Computerspiele zum Laufen zu bringen und Videos zu streamen. Reihenweise waren Arbeitnehmer und in den Heimunterricht verbannte Schüler auf gute Datenraten angewiesen. „Es ist spürbar, dass Corona einen Bandbreitenhunger ausgelöst hat. Gebucht werden mehr Tarife mit hoher Leistung, das Basisangebot von 50 mBit pro Sekunde reicht fast keinem Kunden mehr aus“, sagt Alexander Ostertag. Der Telekom-Regiomanager erwartet, dass es beim zweiten Bauabschnitt deutlich leichter ist, auf die von seinem Unternehmen geforderte Mindestzahl an Vorverträgen zu kommen. Dennoch hat die Telekom das Quorum für das Gebiet zwischen der Stuttgarter Straße und der Staufferstraße auf 15 Prozent gesenkt. Von den insgesamt 3904 Haushalten müssen mindestens 600 unterschreiben, damit die Baukolonnen anrücken. Im Oberdorf waren noch 2100 Unterschriften vor Baustart gefordert worden – ein Anteil von 20 Prozent der in Frage kommenden Haushalte.

Einen Problempunkt der ersten Tranche will die Telekom im neuen Plangebiet umschiffen

Weil diese Zahl nicht erreicht worden war, hatte das Unternehmen nicht nur die Frist zur Unterzeichnung um mehrere Monate verlängert. Die Telekom sprang auch bei der Zahl der Aufträge über ihren Schatten: Gestartet wurden die Arbeiten im April, obwohl es zu diesem Zeitpunkt gerade mal 1800 Vorverträge gab. Durch Nachzügler ist die Telekom inzwischen über der selbst gesetzten Marke. „Auch jetzt noch rufen jede Woche Leute an und sagen, dass sie vom Breitbandausbau erst jetzt etwas mitbekommen hätten“, sagt Ostertag.

Einen Problempunkt der ersten Tranche will die Telekom im neuen Plangebiet umschiffen: Wenn sich in einem Haus kein Mieter mit Interesse am schnellen Internet fand, musste der Eigentümer den Anschluss aus eigener Tasche bezahlen. Das sorgte mit Blick auf die große Zahl an Hausverwaltungen für einen holprigen Start. Im neuen Gebiet bis Schmiden soll die Anschlussgebühr von 779 Euro nun auch für Hausbesitzer entfallen. Geplant sind 22 Netzverteiler und eine Glasfaserlänge von 11,5 Kilometern, die Zeichnungsfrist soll bis 15. Dezember laufen. Gibt es genug Vorverträge, könnten die Bauarbeiten nach dem Jahreswechsel starten und Ende 2021 beendet sein. Auf Infoveranstaltungen will die Telekom wegen der Corona-Krise verzichten. Allerdings wird ein Werbe-Truck mehrfach bei den Stadtwerken in der Ringstraße parken und jeweils von 10 bis 18 Uhr informieren, unter der Nummer 0800-226 6100 ist auch eine kostenfreie Hotline geschaltet. Präsentiert wird den Kunden allerdings ein verschlechtertes Angebot: Die für einen schnellen Abschluss gewährten Sonderkonditionen gelten neuerdings nur noch für sechs Monate. Im Oberdorf konnte noch ein Jahr lang vergünstigt gesurft werden.

Beim Breitbandausbau war stellenweise Sand im Getriebe

Graben, verlegen, teeren: Zurzeit sind fast an jeder dritten Straßenecke im Fellbacher Süden Baukolonnen für das neue Glasfasernetz im Einsatz. Bis zu 30 Trupps fräsen Gehwege auf und bringen die Leitungen in den Boden. Asphaltiert wird laut der Telekom allerdings erst, wenn getestet ist, ob das im Untergrund verlegte Kabel auch funktioniert – und wenn für die Teerkolonne ausreichend große Flächen zusammengekommen sind, damit sich der Einsatz auch lohnt.

Der zeitliche Abstand von Kabelbau und Belagssanierung ist auch der Hauptgrund für die Beschwerden von Bürgern über die Dauerbaustelle mit der Glasfaser. Teilweise fallen über Wochen die Parkplätze am Straßenrand weg, in vielen Gehwegen sind ausgefräste Stellen eine Stolperfalle etwa für Kinderwagen. Aus Sicht von Regiomanager Alexander Ostertag von der Telekom haben die meisten Bürger aber großes Verständnis für kleinere Widrigkeiten gezeigt. „Es war uns ja allen klar, dass es manchmal auch etwas holpert, wenn man eine Datenautobahn verlegt“, sagt er.

Auch der bei der Fellbacher Wirtschaftsförderung als Digitalisierungsbeauftragter laufende Christoph Pfefferle lobt die Zusammenarbeit mit Telekom und beteiligten Baufirmen – auch wenn stellenweise etwas Sand im Getriebe knirschte. Er spricht von „deutlich spürbaren Kinderkrankheiten“, die Corona-Krise habe zudem Abspracheprobleme ausgelöst. Der Hintergrund: Eine ursprünglich für den Leitungsbau verpflichtete Firma konnte nicht in Fellbach zur Tat schreiten, weil die Arbeiter nicht einreisen durften. Das ersatzweise verpflichtete Unternehmen hielt sich offenbar reihenweise nicht an Absprachen und wurde gekündigt. Jetzt sind diverse Bautrupps in Fellbach zusammengezogen, um den Ausbau bis Jahresende über die Bühne zu bekommen. Parallel melden sich Servicetechniker, um fertige Anschlüsse freizuschalten.