Die Versorgung in der Region mit schnellem Internet ist unzureichend. An einer Strategie, das zu ändern, wird gebastelt. Der Regionalverband will ein Modellprojekt für eine überörtliche Glasfaserplanung in Auftrag geben.

Stuttgart - Animationsfilmer aus der Stuttgarter Innenstadt, die kein leistungsfähiges Breitbandnetz zur Übermittlung ihrer Szenen zur Verfügung haben und die Daten auf Festplatten transportieren; ein Betrieb in einer Göppinger Kreisgemeinde, der für den Datenaustausch mit dem USB-Stick zur gegenüber liegenden Apotheke geht, weil es nur auf dieser Straßenseite einen Breitbandanschluss gibt – das sind keine Szenen aus dem vergangenen Jahrhundert, sondern sie sind Teil des digitalen Alltags in der Region Stuttgart. „Zwei Drittel der Unternehmen haben nicht die Breitbandversorgung, die sie brauchen“, sagte Walter Rogg, Chef der regionalen Wirtschaftsfördergesellschaft, am Dienstagabend auf einem Kongress der regionalen CDU-Fraktion.

 

Versorgung ist „unzureichend“

Zwar ist das Ziel der Bundesregierung, für 75 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit 50 Megabits pro Sekunde vorzuweisen, in Teilen des Ballungsraums erreicht, doch „ist dies flächendeckend noch nicht gelungen“ (siehe Karte), heißt es auch in einer Bestandsaufnahme des Verbands Region Stuttgart. Die Versorgung mit schnellem, durchgängig verfügbarem Internet sei unzureichend und genüge nicht den wachsenden Ansprüchen an einen schnellen Datentransfer.

Der weitere Ausbau der Breitbandnetze, vor allem mit Glasfaserkabeln, sei momentan nicht gewährleistet, resümiert der Verband, der die Gefahr sieht, dass „die Gewerbegebiete einen immer größer werdenden Standortnachteil gegenüber dem stark mit Breitbandfördermitteln des Landes ausgebauten ländlichen Raum“ erfahren. Auch Rogg befürchtet eine Fehlsteuerung. Natürlich habe der ländliche Raum wegen der dezentralen Struktur des Landes eine große Bedeutung, „die Wettbewerbsfähigkeit entscheidet sich aber in Ballungsräumen wie der Region Stuttgart“, sagte er. Die Betriebe in und um Stuttgart seien global aktiv, „der Datenanschluss stammt aber noch aus dem letzten Jahrhundert“, erklärte Rogg – und räumte ein, dass dies provokativ gemeint sei.

Erste Unternehmen verlassen die Region

Allerdings gebe es erste Wegzüge von Unternehmen wegen einer fehlenden Breitbandversorgung, berichtete der Wirtschaftsförderer. „Kommunen, die in neuen Gewerbegebieten keinen Glasfaseranschluss bieten, haben keine Chance mehr, dass sich Firmen ansiedeln“, sagte er. Die Breitbandversorgung gehöre mittlerweile zu den wichtigsten Standortfaktoren – das schlage sich in der Geschäftspolitik der Telekommunikationsunternehmen aber nicht nieder, die eher Wohn- als Gewerbegebiete mit leistungsfähigen Kabeln versorgen. Beispiel Herrenberg (Kreis Böblingen): Dort sei fast die gesamte Stadt bestens angeschlossen, aber das große Gewerbegebiet an der A 81 warte darauf noch immer. „Der Markt allein kann das nicht lösen“, sagte Rogg.

Daraus haben Kreise und Kommunen in der Region bereits erste Schlüsse gezogen. Sie treten selbst, über ihre Stadtwerke oder in Zusammenarbeit mit Telekommunikationsunternehmen als Investoren für Glasfasernetze auf – vor allem die EnBW-Tochter Netcom versucht zwischen den beiden Platzhirschen Deutsche Telekom und Unitymedia (früher KabelBW), die unterschiedliche technologische Schwerpunkte setzen, diese Nische zu besetzen, wie die Firmenpräsentation auf dem Kongress zeigte.

Auch der Regionalverband wird jetzt aktiv. Er will – in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ländlichen Raum, das eine 50-prozentige Bezuschussung in Aussicht stellt – in einem Modellprojekt eine überörtliche Glasfaserplanung nach einheitlichen Standards in Auftrag geben. Dabei sollen, auf die unterschiedlich weit gediehenen Pläne der Kreise und der Stadt Stuttgart aufgesetzt, Organisationsmodelle und Finanzierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. „Das ist eine gute Partnerschaft“, zeigte sich Rogg von dem Weg überzeugt, der freilich nicht in einer Netzübernahme durch die Kommunen oder die Region münden soll. Als zweite Stufe könnte aber der Ausbau überörtlicher Glasfasertrassen zentral vergeben und in Angriff genommen werden, ergänzt durch kommunale Aktivitäten vor Ort – ein Vorgehen, das Zuschüsse von Bund und Land auch im Ballungsraum sowie günstigere Preise ermögliche. Denn eines ist für den CDU-Regionalfraktionschef Joachim Pfeiffer klar: „Politik und Dienstleister können diese Herausforderung nur gemeinsam meistern.“