Der Streit über die Fusion macht selbst vor der Türen Gottes nicht halt: Die Bürger von Singen am Hohentwiel entscheiden am Sonntag über den Zusammenschluss ihres Krankenhausverbundes HBH mit den Konstanzer Kliniken.

Singen - Selbst vor der Türen Gottes macht der Streit über die Klinikfusion im Kreis Konstanz nicht halt. Die letzte große Diskussion vor der Abstimmung darüber, ob sich der Singener Klinikverbundes Hegau-Hochrhein-Bodensee (HBH) mit dem Konstanzer Klinikum vereinigen soll, fand Mitte der Woche in der Bonhoeffer-Gemeinde in Singen statt – auf Einladung von Pfarrer Paul Wassmer, einem erklärten Fusionsbefürworter. Neues hat der Austausch nicht erbracht, er ließ aber erkennen, wie hoch die Wellen der Emotionen auf beiden Seiten schlagen.

 

Die Veranstaltung sollte den Bürgerentscheid an diesem Sonntag vorbereiten, der seit Wochen die Stadt elektrisiert und spaltet. Eigentlich ist die Fusion unter der Führung des Landkreises bereits seit Längerem entschieden, da die Gemeinderäte von Konstanz und Singen dafür gestimmt haben. Die Kritiker der Fusion um die frühere CDU-Landtagsabgeordnete Veronika Netzhammer wollen den Gemeinderatsbeschluss der Stadt unterm Hohentwiel vom 24. April kippen.

Rund 4500 Bürger haben für ein Bürgerbegehren gestimmt, knapp 4000 Stimmen sollen gültig gewesen sein. Erst wollte OB Oliver Ehret (CDU) einen Bürgerentscheid mit dem Verweis auf angebliche juristische Fehler verhindern, besann sich dann aber in letzter Minute noch eines Besseren (StZ vom 13. Juni). Deshalb sind nun am morgigen Sonntag gut 33 000 Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen. 8000 Stimmen benötigen die Kritiker, um das nötige Quorum zu erreichen.

Kliniken müssen große Vermögenswerte übertragen

„Wir sind keine grundsätzlichen Gegner einer Fusion im Kreis Konstanz“, erläutert Netzhammer. „Wir wollen nur diese Verteilung nicht haben.“ Nach der bisherigen Kapitalaufteilung würde der Kreis Konstanz 52 Prozent an einer gemeinsamen Holding halten, müsste dafür aber nur 520 000 Euro aufbringen. Die beiden Kliniken hingegen bringen nach neuesten Rechnungen Vermögenswerte von 43 Millionen Euro (Singen) und 38 Millionen Euro (Konstanz) ein, sollen dafür in der Holding aber nur jeweils 24 Prozent der Stimmen bekommen. Singen bringt einen Gesundheitskonzern mit 676 Betten, 111 Millionen Euro Umsatz und 1600 Mitarbeitern ein. Konstanz verfügt mit seinem Klinikum und dem St.-Vincencius-Krankenhaus, einer orthopädischen Fachklinik, über 350 Betten und rund 1000 Mitarbeitern bei 65 Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Gründe für einen Zusammenschluss gäbe es genügend, denn beide Kliniken sind finanziell angeschlagen. In Fall der zuvor gesunden HBH rührt dies aus dem Kauf mehrerer maroder Rehakliniken am Hoch- und Oberrhein in den Jahren zwischen 2003 und 2006. Beide Kliniken sind hochverschuldet. Während Singen gut 65 Millionen Euro Verbindlichkeiten drücken, sind es im Fall von Konstanz rund 21 Millionen Euro.