Werner Simmling will sein Mandat als FDP-Bundestagsabgeordneter erneuern und glaubt an seine Chance – allen Wahlprognosen zum Trotz. Am Betrieb in Berlin sieht er vieles kritisch.

Hohenstadt - Die Denkweise und Arbeitsweise in Berlin ist schon besonders“, sagt Werner Simmling heute, nachdem er vier Jahre lang für die FDP den Wahlkreis Göppingen im Bundestag vertreten hat. Der Karriere in der Wirtschaft hatte der ehemalige Mitarbeiter von Daimler und Ruheständler eine politische folgen lassen – aufgrund eines guten Listenplatzes und des sensationellen Wahlerfolgs seiner Partei im Jahr 2009.

 
Simmling fährt in seiner Freizeit gerne Ski mit seiner Frau.
„Ein Politiker ist Gott sei Dank nicht aus mir geworden“, resümiert der 69-Jährige vier Jahre später. Wieder sitzt er mit einem Pressevertreter zur Wahlvorberichterstattung in seinem Wohnzimmer in Hohenstadt. Doch diesmal plaudert er nicht über seine Vergangenheit als Volkswirt und Kommunikationsberater bei Daimler oder sein langjähriges Engagement in der CDU Sillenbuch-Riedenberg-Heumaden. Diesmal präsentiert er sich als Platzhirsch unter den Kandidaten im Wahlkreis. Er sei der Einzige mit Bundestagserfahrung und anders als die Kandidaten der SPD und der Grünen auch kein Import, sondern aus dem Kreis.

Mit Platz 24 auf der Landesliste scheint sein Wiedereinzug ins Berliner Abgeordnetenhaus auch bei einer Wahlsensation für die schwächelnde FDP eher unwahrscheinlich. Ein bisschen was rechnet sich Simmling über die Erststimmen aber wohl doch aus. Das zumindest gibt er verschmitzt zu Protokoll. Dabei ist der stets gut gelaunte 69-Jährige, der erst 2004 zur FDP fand, ansonsten ein Mann mit Bodenhaftung.

Vom Berliner Politbetrieb ist Werner Simmling ernüchtert. „Es ist schon enttäuschend, wie sich Gesetzgebungsverfahren hinziehen, und dann wird am Ende meist nur eine Maus geboren“, sagt der ehemalige Hohenstädter Gemeinderat und fügt hinzu: „Man muss aufpassen, dass man sich nicht zu weit vom Bürger entfernt. Jetzt, wo ich das vier Jahre lang kennengelernt habe, sehe ich das noch viel besser. Berlin ist doch wie eine Käseglocke.“

Zur Erholung vom Politbetrieb steigt er häufig aufs Fahrrad. . .

Er selbst habe das anders gehandhabt. Eine Woche Berlin, eine Woche Hohenstadt, viel mehr Wahlkreis, diesen Rhythmus habe er versucht einzuhalten. Und als Mitglied im Verkehrsausschuss habe er auch noch die Themen bewegen können, die im Kreis Göppingen eine große Rolle spielten, meint er. Zwei davon hat er direkt vor seiner Haustür. Unweit von Hohenstadt sprengen sich die Tunnelbauer für die neue S-21-Schnellbahnstrecke Wendlingen–Ulm in den Berg, und der Albaufstieg der Autobahn sollte auch noch irgendwann einmal ausgebaut werden.

Für die Wahlkampfplakate ließ sich der passionierte Hobbymaler Simmling, der seine Bilder mit dem Kürzel Dax („vom Tier abgeleitet, nicht von der Börse“) signiert und die alten Lindenbäume vor seinem Haus schätzt, vor der verkehrsreichen Ortsdurchfahrt von Gingen ablichten. „Infrastruktur ist wichtig für den Kreis, und das sind meine Themen“ sagt er.

Gerne verweist er dabei auf den begonnen Weiterbau der B 10 und der B 466 bei Gingen beziehungsweise Süßen. Genauso klagt er aber auch darüber, wie skandalös es sei, dass man für die Neubaustrecke im weiteren Verlauf der B 10 bis Geislingen noch keine planfeststellungsreife Ausführung habe. „Das müssen wir jetzt schnellstens hinkriegen“, sagt er und fügt hinzu, dass es allerdings in den vergangenen zwei Jahren unter der grün-roten Landesregierung nicht leichter geworden sei, solche Projekte anzustoßen. Die Kritik beginnt aber nicht beim Machtwechsel in Stuttgart. „Ich verstehe auch nicht, dass man es in 50 Jahren CDU nicht geschafft hat, den Albaufstieg der Autobahn auszubauen.“

. .   oder er malt.
Auch Stuttgart 21, ein aus seiner Sicht grundsätzlich gutes Projekt, habe seine Schwächen. „Man ist viel zu wenig auf die Bürger eingegangen. Man kann eben so was nicht vom grünen Tisch aus planen.“ Grundsätzlich sei es aber auch ein Fehler gewesen, Pläne aus den neunziger Jahren für S 21 nicht fortzuschreiben. „Man muss solche Großprojekte einfach innerhalb von zehn Jahren auch durchführen. Sonst fängt man wieder von vorne an.“

Im Wahlkampf kann der Liberale auf prominente Unterstützung zählen. Daniel Bahr, der Bundesgesundheitsminister, war bereits da. Der FDP-Generalsekretär Patrick Döring kommt am 1. September, und Dirk Niebel, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, am 8. September. Beide werden jeweils von 11 bis 12.30 Uhr eine Wahlkampfmatinee im Märklinsaal der Göppinger Stadthalle bestreiten. Wenn der zeitaufreibende Wahlkampf vorüber ist, so hofft der FDP-Kandidat, dann bleibe ihm auch wieder mehr zeit für seine Hobbys, das Radfahren und den Skiurlaub mit seiner Frau sowie die Malerei. „Das ist mein liebstes Hobby. Da kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen, gestaltet etwas, hat etwas in der Hand und sieht am Ende auch ein Ergebnis.“