Der Staatsrechtsprofessor und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, wird neuer Präsident des höchsten deutschen Gerichts.

Berlin - Der Staatsrechtsprofessor und bisherige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle (46), rückt an die Spitze des höchsten deutschen Gerichts. Das beschloss der Richter-Wahlausschuss des Bundestages am Freitag in Berlin nach Angaben seines Vorsitzenden Wolfgang Neskovic (Linke). Mit 46 Jahren ist Voßkuhle der bislang jüngste Präsident des Karlsruher Gerichts. Er löst den nach zwölf Jahren als Verfassungsrichter aus dem Amt scheidenden Hans-Jürgen Papier (66) ab.

Stellvertreter Voßkuhles wird der 59 Jahre alte Tübinger Professor und bisherige Verfassungsrichter Ferdinand Kirchhof. Er übernimmt auch den Vorsitz des Ersten Senats. Der Göttinger Völkerrechtler Andreas Paulus kommt neu an das höchste deutsche Gericht, er übernimmt die Richterstelle Papiers. Paulus ist mit 41 Jahren einer der jüngsten Richter, die bislang am Verfassungsgericht gearbeitet haben. Für das Amt gilt ein Mindestalter von 40 Jahren. Papier war bisher in Personalunion Präsident, Senatsvorsitzender und Richter.

Details der Abstimmung wie das Wahlergebnis der einzelnen Kandidaten wurden aus juristischen Gründen nicht bekanntgegeben. Die höchsten deutschen Richter werden für zwölf Jahre gewählt. Der zwölfköpfige Richter-Wahlausschuss des Bundestages wählt die eine Hälfte der 16 Richter, die andere wird vom Bundesrat bestimmt.

Voßkuhle ist parteilos, aber SPD-nah


Da Union und SPD im Wechsel die Spitze des höchsten deutschen Gerichts besetzen, war es seit längerem so gut wie sicher, dass auf den Unions-Kandidaten Papier sein Vize Voßkuhle folgt. Er war 2008 auf "SPD-Ticket" in den Kreis der einflussreichsten deutschen Richter gewählt worden. Die Union hatte Kirchhof für die frei werdenden Ämter des Stellvertreters und des Vorsitzenden des Ersten Senats nominiert. Paulus war von der FDP vorgeschlagen worden.

Der parteilose Spitzenjurist Voßkuhle, der sich nach eigenen Worten der Sozialdemokratie nahe fühlt, kann auf eine steile Karriere zurückblicken. Nach seinem Studium und einer Zwischenstation im bayerischen Innenministerium übernahm er am 1. April 2008 als einer der jüngsten Uni-Rektoren Deutschlands die Leitung der Universität Freiburg. Nur wenig später wurde er an das Bundesverfassungsgericht gewählt. Seine Schwerpunkte liegen im Verwaltungs- und Umweltrecht.

Kirchhof ist seit knapp drei Jahren Richter am Karlsruher Gericht. Er ist Bruder von Paul Kirchhof, der dem Gericht von 1987 bis 1999 angehörte und der vor allem mit seiner umstrittenen Einheitssteuer im CDU-Wahlkampf 2005 bekannt wurde. Zuletzt hatte Ferdinand Kirchhof beim Hartz-IV-Urteil Akzente gesetzt. Ein Schwerpunkt Kirchhofs ist das Steuerrecht.

Paulus hat seit dem Wintersemester 2006/07 den Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Universität Göttingen inne. International hat er sich einen Namen gemacht, als er die Bundesrepublik im Rechtsstreit mit den USA im Fall LaGrand vertreten hat. Die deutschen Brüder LaGrand waren 1999 wegen eines Raubmordes in den USA hingerichtet worden. Ihnen war keine konsularische Betreuung ermöglicht worden, wogegen Deutschland protestiert hatte. Paulus war 2003 für die FDP bei der bayerischen Landtagswahl angetreten - die Freidemokraten scheiterten aber an der Fünf-Prozent-Hürde.

Wann Bundespräsident Horst Köhler die neuen Richter ernennt und wann damit der letzte Arbeitstag Papiers sein wird, ist noch nicht bekannt. Papier hatte zum Ende seiner Amtszeit am Dienstag noch das Grundsatzurteil zur Vorratsdatenspeicherung - der Massenspeicherung von Telefon- und E-Mail-Verbindungsdaten - verkündet.