Die Toten Hosen wollen sich in den Ohren festsetzen, sagt der Bandsänger Campino im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung.

Stuttgart – - In diesem Jahr feiert die Punkband Die Toten Hosen ihr 30-jähriges Bestehen. Im Interview spricht der Sänger Campino, 49, über musikalische Meilensteine in der Bandgeschichte, Aktionen gegen Rechtsextremismus, und er verrät Details zum anstehenden neuen Studioalbum.
Campino, 30 Jahre gibt es die Toten Hosen mittlerweile schon. Am 10. April 1982 hatten Sie Ihr erstes richtiges Konzert im Schlachthof in Bremen. Wie begehen Sie dieses Jubiläumsjahr 2012?
Priorität hat auf jeden Fall das neue Album, das jetzt auch schon zu großen Teilen fertig ist. Wir hatten über die Weihnachtsfeiertage und zwischen den Jahren noch mal die Gelegenheit, das ganze Album durchzuhören. In ungefähr zwei Monaten ist dann für uns Abgabe und im selben Moment beginnt auch schon die Wohnzimmertournee – eine spezielle Aktion für unsere Fans. Die wird in Bremen mit unserem Geburtstagskonzert im Schlachthof eröffnet und sicherlich eine ganze Weile dauern. Später verschlägt es uns dann noch nach Indien und vor allen Dingen nach Südamerika und irgendwann steht auch wieder eine Tour in Europa an.

Bei solchen Konzerten sind neben den neuen Songs natürlich auch immer die alten Klassiker besonders gefragt. Gibt es denn einen Song aus Ihrer Bandgeschichte, der Ihnen bis heute am besten gefällt?
Das ist wirklich schwierig, da die Vorlieben mit der Zeit wechseln. Aber es gibt einige Songs, da weißt du im Nachhinein einfach, du hattest eine glückliche Hand. Das heißt: das Timing stimmte, so wie die Message, und wahrscheinlich passte der Sound auch gut in die jeweilige Zeit. „Alles aus Liebe“ ist zum Beispiel so ein Song, oder „Hier kommt Alex“.

An dieser Stelle ist sicherlich auch „Sascha. . . ein aufrechter Deutscher“ zu nennen. Ein Song gegen Rechtsextremismus von 1992, der momentan wieder sehr aktuell ist.
Das stimmt, die Situation heute ist ähnlich zu der damals, wenn auch die Vorzeichen etwas andere sind. Zu der Zeit, in der wir „Sascha“ rausgebracht haben, drohte diese ganze Rechtsradikalität aus dem Ruder zu laufen. Das war ein richtiger Flächenbrand, von den neuen Bundesländern ausgehend, der auch im Westen Nachahmer gefunden hatte. Für uns war das damals der Versuch, diese Leute ihrer eigenen Lächerlichkeit preiszugeben – eine schlüssige Aktion, die wirklich gutgetan hat. Viele Medienvertreter sind auf die Geschichte angesprungen, das Interesse und die Resonanz waren gewaltig, und das Ganze hatte auch einen sehr positiven materiellen Effekt, da die Erlöse aus den Verkäufen komplett gespendet wurden. Natürlich ist so etwas immer nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber wir hatten damals das Gefühl, irgendetwas unternehmen zu müssen.

Würde ein Song wie „Sascha“ heute auch wieder so gut funktionieren?
Wahrscheinlich von den Verkaufszahlen her nicht – aber die Aufmerksamkeit wäre sicherlich wieder groß. Natürlich hängt das allerdings auch von der Umsetzung eines solchen Songs ab.

Stichwort Umsetzung: Sie arbeiten unter Hochdruck an einem neuen Album. Was können Sie dazu schon verraten?
Ich glaube, die neue CD wird eine klassische Tote-Hosen-Scheibe werden. Allerdings achten wir jetzt wieder mehr auf Melodien, so wie das ganz früher bei uns war. Irgendwo hatten wir immer eine Liebe für Popmusik, uns aber zwischendurch auch ein bisschen von dem Trend anstecken lassen, das Brett rauszuholen und Vollgas zu geben. Leider auf Kosten der Melodie. Das haben wir jetzt, glaube ich, wieder ein bisschen geradegerückt. Es ist also einerseits die gewohnte Linie, aber trotzdem glaube und hoffe ich, dass die eine oder andere Überraschung dabei ist, von der die Leute sagen werden, dass sie so etwas von uns nicht erwartet hätten.

Weniger Brett, mehr Melodie – sind Die Toten Hosen softer geworden?
Insgesamt nicht. Es ist nur so, dass wir vor einiger Zeit viele Lieder gemacht haben, in denen zwar ein moderneres Gitarrenriff-Brett gefahren wird, aber vor lauter Freude daran haben wir vergessen, eingängige Refrains einzusetzen. Das ist jetzt anders geworden. Bedeutet also: softer sind wir nicht geworden, dafür wollen wir uns jetzt wieder etwas mehr im Ohr festsetzen.

Neben dem Bandjubiläum, dem Albumrelease, einer Tour und einem großen Konzert bei Rock am Ring steht für Sie 2012 eventuell noch ein anderes großes Ereignis an: der Aufstieg Ihres Lieblingsclubs Fortuna Düsseldorf in die Erste Bundesliga.
Ich würde da gerne folgen und mir wird auch warm ums Herz, wenn ich das höre. Aber ich darf natürlich als Düsseldorfer noch nicht größenwahnsinnig werden. Wir müssen die Füße stillhalten, und ich halte mich da ganz an die Anweisung des Trainers: immer nur von Spiel zu Spiel denken! Aber es müsste eigentlich in diesem Jahr passieren, die Zeiten sind überreif dafür und wir fiebern mit, dass es klappt.

Wird es denn eine Aktion der Toten Hosen geben, wenn die Fortuna wirklich in das Fußball-Oberhaus aufsteigt?
Ja, das weiß ich auch schon. Die müssen das, wie gesagt, natürlich erst mal packen, aber wenn es dann tatsächlich so weit ist, wird es in Düsseldorf natürlich eine Riesenfete geben, und da machen wir dann natürlich mit in irgendeiner Form.
Das Gespräch führte Mirko Drotschmann.