Der Wasenhocker erzählt von einem vermissten Landesvater, einem schief gelaufenen Jungesellenabschied und einer besonderen Nachtschicht.

Stuttgart - Die Untertanen, pardon Bürger, müssen heuer alleine feiern. Der Wasenhocker hat seinen Landesvater vermisst und mal nachgefragt, ob Winfried Kretschmann auf dem Volksfest nach dem Rechten schauen möchte. Zunächst hatte ihm die kanadischen Klimaanlagen eine Erkältung eingebrockt und einen Besuch verhindert. Doch jetzt könnte er ja mal mit den Kollegen aus dem Kabinett kommen und sich unters Volk mischen? Man sehe in diesem Jahr von einem gemeinsamen Abend auf dem Fest ab, die Resonanz des Kabinetts auf den gemeinsamen Wasen-Besuch sei im vergangenen Jahr überschaubar gewesen, sagte ein Sprecher von Kretschmann. Darüber könnten die Kollegen in Bayern nur den Kopf schütteln. Die marschieren mit großem Tamtam ins Zelt und versichern nebenbei die grünen Wiesen, der blaue Himmel und das kühle Bier sei ausschließlich ihnen zu verdanken. Tief im Westen bei den Pietisten hat man es eben nicht so mit dem Protzen wie bei den barocken Bayern, und der Grund für die Absagen könnte schwäbischer nicht sein: Keine Zeit, wir müssen schaffen!

 

Der vergessene Bräutigam

Die junge Mann war verzweifelt. Mit einem Jungesellenabschied war er über den Wasen gezogen, aufs Klo gewankt und eingeschlafen. Die Kumpels waren fort, hatten den letzten Zug gen Oberschwaben genommen. Nun war er gestrandet und klagte dem Wasenhocker sein Leid. Nun müsse er hunderte von Euro fürs Taxi ausgeben, damit er rechtzeitig zur standesamtlichen Trauung zu Hause ist. Übernachten? Durchmachen? Geht nicht. Er wird gebraucht – er ist der Bräutigam.

Fast wären die Lichter ausgegangen

Mitten in der Nachts traf man auf dem Volksfest früher nur noch die ganz besonders Wichtigen. Die durften nämlich in den Logen der Zelte bis in die Puppen feiern, man muss das verstehen, den Schampus kann man ja nicht schlecht werden lassen. Doch weil die Ordner auf dem Platz dadurch teure Überstunden anhäuften, gilt nun auch für die Promis: nach dem Zapfenstreich wird noch das Glas geleert, nicht mehr die ganze Magnum-Flasche, dann geht es heim. Eigentlich müsste es also nach der Geisterstunde ruhig sein auf dem Wasen. Doch jüngst erschrak der Wasenhocker. Licht war zu sehen, ein Hämmern und Bohren hallte über den Platz, Bagger rollten an. Wollten da militante Abstinenzler die Bierzelte einreißen? Der Grund für die Nachtschicht war ein anderer. Auf dem Wasen drohten die Lichter auszugehen. Ein 400-Volt-Niederspannungskabel in der Nähe der Fruchtsäule war spannungslos. Die Fahrgeschäfte und Buden wurden zwar durch ein parallel verlaufendes Kabel versorgt. Aber sollte dieses ausfallen, ginge nichts mehr. Also rückten die Arbeiter von Stuttgart Netze an, hoben eine 4 Meter lange, 1,20 Meter breite und 1,70 Meter tiefe Grube aus, reparierten die Leitung, schütteten die Grube wieder zu. Dann floss der Nachtstrom. Am nächsten Tag war nichts mehr vom Einsatz zu sehen. Der Wasenhocker findet, für die Nachtarbeit hätte der Trupp mindestens ein Bier verdient.