Die Elektrorock-Band Carpark North sorgt im Wizemann in Stuttgart trotz melodischer Schwächen mit einem temporeichen Set für Feierstimmung.

Stuttgart - Zwanzig Minuten lang ist der Sound von Carpark North im Wizemann nichts Besonderes: Ein dicht gemauerter Elektrorock, der zwar tüchtig Radau veranstaltet, aber keine tieferen Eindrücke hinterlässt.

 

Dann aber wird in „Glastårne“ ein sphärisches Synthieintro von Tastenmann Søren Balsner vom Kollegen Morten Thorhauge mit einigen wuchtigen Drumbeats förmlich in Fetzen geballert: Ein echter Schockmoment, der zeigt, warum das dänische Trio bei Freunden dieses Genres durchaus hoch im Kurs steht. Zur ganz großen Karriere hat es für die 1999 gegründete Band freilich nicht gereicht, auch 2018 agieren Carpark North noch im Geheimtipp-Status und ziehen lediglich – oder immerhin – zweihundert Fans in den kleinen Wizemann-Club.

Trotz manch magerer Jahre aber haben sich die drei Jugendfreunde, live mit einem zweiten Keyboarder zum Quartett verstärkt, eines nicht nehmen lassen: den Spaß an ihrer Musik. Neunzig flotte Minuten lang spielen Carpark North jedenfalls mit solcher Empathie auf, dass die Band und ihr Fans bemerkenswert viel Spaß miteinander haben. Respektabel textsicher und stets wedelbereit zeigt sich dieses ziemlich heterogene Publikum – die Zielgruppe „jung, weiblich, feierwütig“ ist hier ebenso vor Ort wie einige Vertreter der Elterngeneration.

Ein Sound zwischen pompös und giftig

Und selbst die dürfen sich noch einmal fühlen wie einst im Mai: Das Keyboardmotiv von „Burn It“ erinnert jedenfalls verdächtig an das „Axel F“-Thema, das Harold Faltermeyer schon 1984 als Filmmusik zu „Beverly Hills Cop“ komponierte. Ergänzt von vielen tendenziell eher grobschlächtigen Saitenklängen entsteht so ein Sound zwischen pompös und giftig, zwischen einer stachelig alternativen Gangart und einem Schielen auf den Mainstream, der die Möglichkeiten von Carpark North ebenso aufzeigt wie deren Grenzen.

Richtig große Melodien wollen den Dänen nämlich nur selten aus der Feder fließen. Auch der bislang letzte, reichlich penetrante Angriff auf die Hitparaden, das mit Samu Haber von Sunrise Avenue komponierte „Heroes“ als Titelsong zur jüngsten Eishockey-Weltmeisterschaft, verpuffte außerhalb der Sportszene weitgehend ungehört. Doch immer wieder blitzt in dieser Musik auch ein zeitloser „teen spirit“ auf, eine Haltung zwischen Rebellion und Sehnsucht nach dem Ankommen. Weitgehend immun gegen die Moderne zeigen sich Carpark North in diesen Momenten – ein Song wie das hymnenhafte „Grateful“ wirkt wie eine einst eingefrorene, ohne jegliche Verfallserscheinungen wieder aufgetaute Erinnerung an das Lebensgefühl vergangener Sturm-und-Drang-Jahre und setzt prompt reichlich Adrenalin im Saal frei.

„Nicht schlecht für einen Montagabend“, staunt auch Sänger und Gitarrist Lau Højen gegen Ende des regulären Programms, spendiert einen mit vielen hohoho-Chören zwar redundanten, dennoch stürmisch gefeierten Zugabenblock – und zeigt abschließend, wie man ein ziemlich euphorisiertes Publikum raffiniert in die Nacht entlässt: „Wir sehen uns in zehn Minuten am Merchandisingstand“.