Castor-Transport auf dem Neckar: Gemeinde klagt Neckarwestheim will sich wehren

Die Gemeinde möchte vor Gericht erstreiten, dass die Castoren erst dann auf dem Neckar transportiert werden dürfen, wenn sie die entsprechenden Unterlagen geprüft hat. „Ich bin sauer“, schimpft der Bürgermeister Jochen Winkler.
Neckarwestheim - Mit einem Zwischenlager am Kraftwerksstandort blieben ihnen die leidigen Castor-Transporte erspart, das hat man Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) und Gemmrigheim (Kreis Ludwigsburg) vor bald 20 Jahren versprochen. Mit Händen und Füßen hatte sich damals vor allem Gemmrigheim gegen das atomare Zwischenlager für 151 Castoren am Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar (GKN) gewehrt – am Ende vergebens.
Nun kommen die Transporte doch. Nur bringen sie dieses Mal Castoren aus dem stillgelegten Kernkraftwerk Obrigheim ins GKN und bringen sie nicht weg. Und sie werden auch nicht auf der Straße, sondern auf dem Neckar transportiert. Doch dieses Mal ist es die Gemeinde Neckarwestheim, die sich dagegen wehren möchte. Der Bürgermeister Jochen Winkler will vor dem Berliner Verwaltungsgericht erstreiten, dass die am Dienstag erteilte Genehmigung des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) so lange außer Kraft gesetzt wird, bis die Gemeinde die Transportunterlagen geprüft hat.
Neckarwestheim fühlt sich übergangen
Die EnBW als Betreiberin der Kraftwerke will noch in dieser Woche die Castoren beladen. Den geplanten Transporttermin verrät der Energiekonzern aus Sicherheitsgründen aber noch nicht. Bis spätestens 13. November 2018 muss die Beförderung der 342 Brennelemente in 15 Castoren von Obrigheim nach Neckarwestheim abgeschlossen sein. Dann endet die Genehmigung. „Immer wirbt man damit, es handle sich um ein transparentes Verfahren“, kritisiert der Rathauschef. „Dann kann es nicht sein, dass wir so übergangen werden.“ Neckarwestheim will den geplanten Castor-Transport von Gutachtern prüfen lassen. Auf dieser Grundlage möchte die Gemeinde entscheiden, ob sie juristisch gegen die Transporte an sich vorgeht oder nicht.
Jochen Winkler fühlt sich genasführt
Der Bürgermeister fühlt sich genasführt. „Seit Monaten rennen wir den Unterlagen hinterher.“ Bereits im Januar habe er beim BfE Akteneinsicht beantragt. „Immer wieder wurden wir vertröstet.“ Erst in dieser Woche habe ihm die Berliner Behörde mitgeteilt, in den kommenden zwei Wochen würden ihm die gewünschten Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Gleichzeitig landete aber noch ein zweiter BfE-Brief auf Winklers Schreibtisch: Die Transporte seien genehmigt. Ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. „Damit haben wir ja nicht einmal die Zeit, uns die Unterlagen anzuschauen“, sagt Winkler. Die Akten seien sehr umfangreich und hätten erst auf Betriebsgeheimnisse und Sicherheitsfragen geprüft werden müssen, erklärt eine Sprecherin des BfE. „In Kürze“ werde man die Unterlagen versenden. Selbstverständlich könne die Gemeinde gegen die Genehmigung klagen.
Das Bündnis Neckar castorfrei plant Protest auf dem Fluss
Das Bündnis Neckar castorfrei kündigt an, jetzt noch mal Gas zu geben mit seinem Widerstand gegen die Transporte und die Einlagerung der Obrigheimer Castoren in Neckarwestheim. Die Aktivisten kritisieren die Beförderung auf dem Fluss, weil man damit keine Erfahrungen habe. Außerdem wenden sie sich dagegen, dass am Standort eines noch betrieben Atomkraftwerks ein Zwischenlager befüllt wird. „Wenn in einem der beiden Bereiche ein Störfall auftritt, ist der andere nicht mehr zugänglich“ – und sei womöglich ebenfalls in Gefahr, argumentiert Franz Wagner vom Aktionsbündnis. GKN I ist zwar bereits vom Netz. Der zweite Block wird spätestens Ende 2022 abgeschaltet.
Am Sonntag, 21. Mai, veranstaltet die Gruppe von 12 Uhr an einen Flussaktionstag aus Protest gegen die geplanten Transporte. Dabei werden vom Festplatz in Kirchheim am Neckar aus auf dem Fluss Boote bis nach Lauffen geschickt. Die Boote werden begleitet von Radfahrern, die den Fluss entlang zur Abschlusskundgebung beim Freibad radeln.
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