CD von Stuttgarter Musikern Ensemble Cosmedin präsentiert ungehobene Schätze

Unbeirrt von weiterhin abgesagten Konzerten legt das Stuttgarter Ensemble Cosmedin eine neue CD mit Preziosen Alter Musik vor.
Zuffenhausen - Das Konzert im Augsburger Dom wurde abgesagt, das anschließende in St. Stephan in Würzburg ebenso wie alle nachfolgend geplanten. Auch das Silvesterkonzert des Ensemble Cosmedin in der Stiftskirche Herrenberg kann nicht stattfinden. Stattdessen produzieren Stephanie und Christoph Haas ein Video, das vom 31. Dezember an über ihre Homepage zu erleben sein wird.
Selbstredend bedeutet das Auftrittsverbot auch für die Beiden einen gravierenden Einschnitt. Die Gefahr einer ernsthaften musikalischen Krise bestand aber keinen Moment: „Ich kann die Frustration vieler Musiker verstehen, denn was uns antreibt, beflügelt und erfüllt, ist doch, die Musik im Konzert mit dem Publikum zu teilen. Aber für uns ist die Arbeit an und mit der Musik zu sehr zum integralen Teil unserer ganzen Existenz geworden“, betont die Sängerin und fasst zusammen: „Alle Auftritte, die nicht stattfinden konnten, gingen lautlos vorüber. In der Zeit öffentlicher Stille blieben wir beim unverzagten täglichen Musizieren.“
Erstmals auch Sakralmusik aus Armenien
Daran lässt sich nun mittels einer neuen CD teilhaben: „Anima – Sakrale Musik aus der Fülle der Zeiten“ bietet neben Psalmvertonungen aus dem spätantiken Mailand, Hildegard-von-Bingen-Gesängen und neuen Instrumentalkompositionen von Christoph Haas erstmals auch die Einspielung von Sakralmusik aus Armenien.
Einmal mehr zeigt das Ensemble Cosmedin damit sein unverwechselbares Profil: Mit der für sie eigenen forschenden Herangehensweise erschließen Stephanie und Christoph Haas neugierigen Hörern bis dato ungehobene Schätze. Der eigene Horizont erweitert sich, öffnet sich für die „Fülle der Zeiten“.
Ganz erstaunlich, wie unmittelbar dieses auf Raumklang und Weite zielende Musizieren auf der neuen CD den Hörer in den Bann zieht, wie schnell sich die Anmutung eines Konzerterlebnisses einstellt! Dank einer bestechenden Klangqualität, die Frucht langjähriger Zusammenarbeit mit dem Aufnahmeleiter Axel Kühlem.
„Ter Voghormya“, ein vor 1600 Jahren in Armenien entstandener „Erbarme dich“-Gesang, gewinnt gleich zum Einstieg eine faszinierende Weiträumigkeit. Die melodische Linie wird getragen vom fein ausbalancierten, rund und in ausgreifenden Bögen, wie zum Mitatmen geführten, zudem reizvoll dunklen Mezzo der Sängerin. Für eine eigentümliche Spannung in diesem relativ gleichförmigen Werk sorgt schon hier die Begleitung durch Christoph Haas, wenn er den Gesang nicht nur unterlegt, sondern über die beidhändig bespielten, frei schwingenden Saiten des Instrumentes auch subtile harmonische Reibungen erzeugt und damit die Bearbeitung von Komitas Vardapet (1869 bis 1935), dem Erneuerer der armenischen Musik, aufgreift.
Mit wohldurchdachter Expressivität
Nomen est omen, und so ist Anima, Seele, Geist inhaltlich ein verbindendes Motiv in diesen Gesängen, die einer großen Freude und einem tiefen inneren Frieden huldigen, wie etwa in „Nisi quod Dominus“, einem psalmodischen Werk aus dem Mailand der Spätantike: „Wie ein Vogel ist unsere Seele dem Netz des Jägers entronnen. Das Netz ist zerrissen, und wir sind frei.“ Höhepunkte sind die Werke der Hildegard von Bingen, die von der Sängerin mit wohldurchdachter Expressivität gestaltet werden. So wird erlebbar, wie von Bingen die Grenzen der Gregorianik überschreitet, den Tonumfang weitet und auch nicht mit kühnen Intervallsprüngen und blühenden Koloraturen geizt: „O nobilissima viriditas“, O edelstes Grün, du glühst wie der Sonne Flammen!
Von eigenem Reiz sind auch die Instrumentalstücke von Christoph Haas. Ausschließlich mit Röhrenglocken gestaltet er im asketischen „Nach Innen II“ schwebend sich weitende Räume, um dann in „Ut solis flamma“ zu entflammen. Hier bespielt der ehemalige Jazzschlagzeuger mit dem Drumstick den Rand des großen Gongs perkussiv und polyrhythmisch, während er gleichzeitig mit dem großen Gongbeater orchestrale Wucht aufbaut. Sein „Abendlied“ reflektiert die ausgedehnten Brasilien-Aufenthalte des weit gereisten Perkussionisten. Die weit ausschwingende Melodie der Röhrenglocken grundiert er mit entspannt federnden Bossa-Nova-Rhythmen. Hier hat die spirituelle Tiefe eine beflügelnde, heiter stimmende Leichtigkeit: Musik, deren wir derzeit ganz besonders bedürfen. Musik zum immer wieder Hören. Musik aus der Seele, für die Seele.
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