Der Rücktritt soll Klaus Dieter Reichardts Versorgung deutlich verbessern. Die Landtagsverwaltung will sich dazu nicht äußern.  

Mannheim - Zwei Monate vor Ablauf der Legislaturperiode hat der Mannheimer CDU-Abgeordnete Klaus Dieter Reichardt vergangene Woche beim Stuttgarter Landtagspräsidenten seinen vorzeitigen Rücktritt eingereicht. Er habe sich "nach Rücksprache mit seinem Arzt aus gesundheitlichen Gründen zu dem Schritt entschlossen", erklärte der 56-Jährige einen Tag später in einer E-Mail.

 

"Politiker verzichtet auf Diäten in Höhe von 10.100 Euro" hat prompt darauf eine Nachrichtenagentur gemeldet. Doch an einer solchen Verzichtsversion scheinen Zweifel angebracht. Schließlich geht es nach der Niederlegung des Mandats nicht nur um Diäten für zwei Monate, sondern auch um spätere Übergangsgelder sowie um Versorgungs- und Altersbezüge des Politikers, die sich im Fall Reichardts, der seit 2001 im Landtag saß, noch nach dem alten Abgeordnetenrecht bemessen.

Seit längerem kursieren in Mannheim Mutmaßungen, dass Klaus Dieter Reichardt, der seit drei Jahren politisch kaum noch in Erscheinung getreten ist und vor allem mit Prozessen wegen eines Unfalls und nicht bezahlter Miete von sich reden machte, trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen nur an seinem Mandat festgehalten hat, um seine weitere Versorgung ohne politisches Amt sicherzustellen.

Ein fachkundiger Jurist stand ihm zur Seite

Eine zentrale Rolle in der Diskussion spielt dabei ein Verkehrsunfall, bei dem Reichardt Ende 2007 schwer verletzt worden war. Das Unglück hatte sich eine Woche nach der Wahl des Politikers zum Mannheimer CDU-Kreisvorsitzenden in der Pfalz ereignet; sein Hergang ist bis heute nicht restlos geklärt, weil es keine Zeugen gibt und Reichardt sich nicht mehr erinnert. Nach Gutachten der Staatsanwaltschaft Frankenthal ist aber davon auszugehen, dass der Abgeordnete kurz nach Einbruch der Dunkelheit auf einer Bundesstraße trotz einer durchgezogenen Mittellinie zu wenden versucht hat, wobei eine vorschriftsmäßig fahrende entgegenkommende Fahrerin nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte und in sein Auto prallte.

Der Rechtsstreit über die Regulierung der Folgen vor dem Landgericht Frankenthal dauerte zwei Jahre. Im November 2009 hat sich Reichardts Versicherung verpflichtet, 29.900 Euro an die Unfallgegnerin zu zahlen; seine Versicherung musste 70 Prozent der Prozesskosten übernehmen, die der Unfallgegnerin 30 Prozent.

Reichardt selbst hat seit dem Unglück bei vielen Gelegenheiten, auch öffentlich, die Schuld dafür anderen gegeben. Schließlich sei er damals nur in die Pfalz gefahren, um bei "rotarischen Freunden" Spenden für die Mannheimer CDU zu sammeln und die Löcher in der Kasse zu stopfen, die sein Vorgänger im Kreisvorstand, Wissenschaftsminister Peter Frankenberg, verursacht habe, sagte er. Inzwischen geht er noch einen Schritt weiter und behauptet, er habe seinen schweren Unfall "in Ausübung meines Mandats" erlitten.

Offensichtlich, so mutmaßte jüngst die Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung", habe dem Politiker beim vorzeitigen Amtsverzicht nicht nur sein Arzt, sondern auch "ein fachkundiger Jurist" zur Seite gestanden. Denn bei einem regulären Ausscheiden aus dem Landtag Ende April hätte er nur Anspruch auf zwölf Monate Übergangsgeld in Höhe seiner bisherigen Diäten gehabt. Danach wäre Schluss gewesen - bis zum 63. Lebensjahr. Von da an hätte er dann - für zehn Jahre Abgeordnetentätigkeit - monatlich 1514 Euro Rente bekommen. Sollte seine Unfallversion anerkannt werden, wonach er aufgrund eines "Gesundheitsschadens in Ausübung des Mandats" ausscheide müsse, erhalte er 2523 Euro - und das nicht erst mit 63, sondern unmittelbar nach Ablauf des Übergangsgeldes. Noch genauer hat der frühere Mannheimer Bürgermeister Rolf Schmidt gerechnet, einer von Reichardts innerparteilichen Widersachern. Bei einer statistischen Lebenserwartung von 79 Jahren komme er bis 2033 "ohne Tarifsteigerungen" auf 351.271 Euro, bei der von ihm praktizierten Variante auf 703.929, hat er am Montag publik gemacht. Die Landtagsverwaltung will sich dazu nicht äußern. Es handle sich um ein schwebendes Verfahren, zu dem man keine Stellung nehme, erklärte ihr Sprecher.