Der CDU als stärkste Kraft im Land droht nach der Landtagswahl in Niedersachsen die Oppositionsrolle. Allmählich beginnt der Wahlkampf.

Hannover - Wenn er etwas verabscheut, dann ist es übertriebenes Pathos. David McAllister macht sich manchmal sogar einen Spaß daraus, andere vorzuführen. Zum Beispiel, als er 2010 zum Antrittsbesuch beim hannoverschen Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) erschien. Damals wartete das Stadtoberhaupt vor dem Rathausportal, wo normalerweise die Limousinen vorfahren. McAllisters Dienstwagen aber kam und kam nicht. Plötzlich näherte sich der Ministerpräsident zu Fuß – er hatte sich in einer Seitenstraße absetzen lassen, war die letzten Meter gelaufen. Den Pomp, der Antrittsbesuchen eigen ist, wollte er umgehen.

 

Zwei Jahre liegt die Episode schon zurück, aber der niedersächsische Ministerpräsident erzählt sie immer noch gern. Vielleicht auch deshalb, weil Oberbürgermeister Weil heute SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 20. Januar ist und ihn gern ablösen will. Außerdem unterstellt McAllister seinem Herausforderer, dass der für das Gehabe in hohen Ämtern viel empfänglicher sei als er selbst. McAllister jedenfalls hat sich geschworen, im Amt einen besonderen Stil zu prägen – möglichst wenig Aufhebens um das hohe Staatsamt, denn das geht auf Kosten seiner Natürlichkeit. Oft schimmert bei diesem CDU-Politiker durch, dass er nicht abheben will oder sich auffressen lassen will vom Regelwerk des Amtes. Gern wäre er „der Mac“, der er früher in seiner dörflichen Heimat Bad Bederkesa war, einem Dorf nahe Cuxhaven an der Nordseeküste. Denn dieser Person haben die Menschen vorbehaltlos und ohne Hintergedanken die Meinung gesagt – ein Umstand, mit dem hohe Politiker eben nicht immer rechnen können.

Die Umfragen sagen eine rot-grüne Mehrheit im Landtag voraus

In nicht einmal mehr zwei Monaten wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt, und dann könnte es mit der Ministerpräsidentschaft des 41-Jährigen schon wieder vorbei sein. Die Umfragen sagen nämlich eine rot-grüne Mehrheit im Landtag voraus. Obwohl der Herausforderer Weil nicht annähernd so bekannt und populär ist wie McAllister, könnte er den Wechsel nach zehn Jahren Schwarz-Gelb schaffen. Der Grund liegt im kleinen Partner der CDU, der FDP. Sie könnte laut Umfragen die Fünfprozenthürde nicht schaffen – und obwohl die CDU mit deutlichem Abstand stärkste Kraft im Land ist, kann das Wahlergebnis für McAllister die Opposition bedeuten. Für die Union wäre das bundesweit eine Blamage, denn McAllister gilt in der Riege der 40-Jährigen als stärkste Figur, er gilt als großes politisches Talent und zeichnet sich durch eine große Treue zur Kanzlerin aus. Während sein Vorgänger Christian Wulff immer darauf bedacht war, sich von Angela Merkel abzugrenzen und die eigene Klugheit herauszustellen, will McAllister solche Profilierungsversuche vermeiden, auch im Wahlkampf.

„Ich kann auch über mich selbst lachen“, sagt der Landeschef

Allmählich beginnt die Kampagne der CDU für die Wahl. Die Partei will nicht vor Weihnachten großflächig plakatieren, aus Rücksicht darauf, dass Wahlkampf und Adventsstimmung schlecht zueinander passen. Ein Profil jedoch zeichnet sich immer stärker heraus – der Deutsch-Schotte McAllister will seine Wurzeln stärker herausstellen, dazu gehören das britische Understatement und der typische Humor. „Ich kann auch über mich selbst lachen“, sagt McAllister.

Bisher hat ihm diese Art viele Sympathien in Niedersachsen eingebracht. Ob es am Ende reicht, seine CDU so stark zu machen, dass ohne sie keine Regierung gebildet werden kann? SPD und Grüne jedenfalls haben bisher signalisiert, nicht mit den Christdemokraten zusammenarbeiten zu wollen. Aber das ist ja vor der Landtagswahl geschehen.