Die Mitgliederbefragung hat, bei aller Einigkeits-Rhetorik , Gräben hinterlassen. Es gibt ziemlich viele Leute in der CDU, die Sie gar nicht so nahe bei den Menschen sehen – anders, als Sie dies von sich behaupten. Diese Leute sagen, der Guido Wolf ist ein unduldsamer, autoritär angehauchter Mensch.
Die Frage amüsiert mich. Ich rate jedem, der diesem Gerücht aufsitzt, sich dort umzuhören, wo ich tätig war: als Bürgermeister in Nürtingen, als Landrat in Tuttlingen oder Präsident des Landtags. Dort wird man anders, nämlich besser über mich Auskunft geben. Auffällig ist doch, dass das Umfeld, das mich berät und begleitet, über Jahre hinweg treu ist. Mir wird immer wieder bestätigt, jemand zu sein, der Menschen motiviert.
Was finden Sie an Winfried Kretschmann gut? Man sagt Ihnen ja nach, sie versuchten den Politikstil des Ministerpräsidenten zu kopieren.
Auch dieser Legende muss ich energisch entgegentreten. Ich habe zu keinem Zeitpunkt Winfried Kretschmann zu imitieren versucht. Dass es in der Bewertung unserer Personen Überschneidungen hinsichtlich des Politikstils geben mag, dem will ich nicht widersprechen, wenn dies die Wahrnehmung ist. Aber daraus abzuleiten, ich imitierte einen anderen, ist in keiner Weise belegbar. Auch da hilft der Blick in meine berufliche Vergangenheit, wo mir die Nähe zu den Menschen, die Teamfähigkeit und die Diskussionsfreudigkeit immer wieder bestätigt wurden.
Wo glauben Sie, Winfried Kretschmann packen zu können?
Mir geht es nicht darum, Winfried Kretschmann als Person zu packen oder ihn gar schlecht zu machen. Es geht mir darum, seine Politik zu entzaubern, es geht mir darum, die Diskrepanz zwischen ihm und der von ihm verkörperten Politik deutlich zu machen, und es geht mir darum, etwa auf die Unzufriedenheit der Bevölkerung über die Bildungspolitik zu reagieren.
Sie reden von Schulchaos, aber substanziell unterscheiden Sie sich doch gar nicht so sehr von der Landesregierung. Auch Sie plädieren für ein zweigliedriges Schulsystem. Auch Sie wollen keine Rückkehr zur verbindlichen Grundschulempfehlung.
Zunächst einmal sind Unzufriedenheit und Verunsicherung nicht bei der CDU zu suchen, dort auch, in erster Linie aber bei den betroffenen Menschen – bei Eltern, Schülern und Lehrern. Wir saugen uns diese Erkenntnisse ja nicht aus den Fingern. Ich skandalisiere nicht, sondern es handelt sich um eine ganz objektive Wahrnehmung der Stimmung vor Ort. Umfragen belegen: Der Unmut über die grün-rote Schulpolitik ist groß. Darauf sucht die CDU Antworten.
Und wie sehen die aus?
Wir halten es für falsch, Bildungspolitik einzig allein an der Verbreitung einer neuen Schulart auszurichten. Die Gemeinschaftsschule wird bevorzugt, Werkrealschule, Realschule und auch Gymnasium werden vernachlässigt. Wir wollen eine Gleichbehandlung der unterschiedlichen Schularten. Ziel kann auch nicht sein, das ganze Land mit Gemeinschaftsschulen zu überziehen. Wir wollen die Differenzierung wieder in den Vordergrund stellen. Jedes Kind soll entlang seiner Talente und Fähigkeiten die richtigen bildungspolitischen Antworten bekommen. Da unterscheiden wir uns schon nicht unerheblich von der Landesregierung.
Ein wichtiges Ziel der Gemeinschaftsschule ist der Versuch, die Hauptschüler aus der Sackgasse zu führen und auch deren Talente und Fähigkeiten fruchtbar zu machen. Die CDU hat auf Parteitagen die Hauptschule immer beklatscht, trotzdem mied sie, wer nur konnte. Auch Christdemokraten.
Mit der bloßen Umetikettierung von Werkrealschulen zu Gemeinschaftsschulen ist diesem Ziel allerdings auch nicht gedient. Wir müssen der Unterschiedlichkeit der Kinder Rechnung tragen. Ich verschweige aber nicht, dass wir der demografischen Entwicklung nicht entkommen. Das von uns ursprünglich vertretene dreigliedrige Schulsystem ist mit Blick auf die rückläufigen Geburtenzahlen nicht haltbar.