Genau eine Woche nach dem tödlichen Anschlag auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ erscheint am Mittwoch die neue Ausgabe – in einer Auflage von drei Millionen Exemplaren.

Paris - Wo nehmen diese Männer und Frauen bloß die Kraft her? Eine Woche, nachdem Terroristen in Paris einen Anschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ verübt und zwölf Menschen umgebracht haben, melden sich die überlebenden Zeichner und Journalisten an diesem Mittwoch mit einer neuen Ausgabe des Satireblatts zurück. So als ob nichts gewesen wäre – oder jedenfalls fast so. Das am Dienstag in der linksliberalen Tageszeitung Libération vorab veröffentlichte Titelblatt „Charlie Hebdos“ zeigt den Propheten Mohammed. Aus dem Auge des Religionsstifters kullert eine Träne, in den Händen hält nun auch er ein Transparent mit dem um die Welt gehenden Bekenntnis zu Opfern und Meinungsfreiheit: Ich bin Charlie. „Alles ist vergeben“, steht darüber. Typisch „Charlie Hebdo“. Die übliche Blasphemie, wie sie seit Jahrzehnten in keiner Ausgabe des religionskritischen Blattes fehlt.

 

Von Einschüchterung durch den islamistischen Terror keine Spur. Von Traumatisierung durch das Massaker, kollektiver Depression durch den Verlust von Freunden und Kollegen genauso wenig. Patrick Pelloux, Kolumnist des Blattes, hatte bereits kurz nach dem Anschlag verkündet: „Wir machen weiter.“ Der neue Chefredakteur Gérard Briard hatte später klargestellt, dass man sich nicht der Trauer hingeben, sondern den Charakter der Zeitung bewahren werde. Und Richard Malka, der Rechtsbeistand „Charlie Hebdos“, hatte hinzugefügt: „Wir werden nicht zurückweichen, wenn wir es täten, hätte doch alles keinen Sinn gehabt.“

Unterschlupf bei der Tageszeitung „Libération“

Aber natürlich gibt es auch für „Charlie Hebdo“ ein Vorher und ein Nachher. Die an diesem Mittwoch erscheinende 1178. Ausgabe wird mit 16 Seiten zwar nun doch den üblichen Umfang haben und nicht nur die acht Seiten umfassen, welche die ohne ihren ermordeten Chefredakteur Stéphane Charbonnier und drei ebenfalls umgebrachte altgediente Zeichner ans Werk gehende Rumpfmannschaft zunächst anvisiert hatte. Auflagenhöhe und Verbreitung aber sprengen alles bisher Dagewesene. Statt 60 000 Exemplaren werden drei Millionen  in den Verkauf gelangen. In 15 Sprachen übersetzt. Aus 25 Ländern liegen insgesamt 300 000 Bestellungen vor. Vor dem Anschlag waren ganze viertausend Zeitungen ins Ausland gegangen. Entstanden ist die neueste Ausgabe im Exil: in den ein paar Straßenecken vom Sitz „Charlie Hebdos“ entfernten Räumen der Kollegen von „Libération“. Zum zweiten Mal in der Geschichte beziehen die Blattmacher dort Quartier. Das erste Mal war im November 2011 gewesen, nachdem Unbekannte die Redaktionsräume der Satirezeitung verwüstet hatten.

Die nächste Ausgabe von Charlie Hebdo folgt dann ausnahmsweise nicht in einer Woche, sondern in zwei. „Die Helden von Charlie Hebdo“, wie Staatschef Francois Hollande die Redakteure und Zeichner des Blattes genannt hat, wollen in der Zwischenzeit ihre ermordeten Kollegen und Freunde zu Grabe tragen.