Privater Profit soll unterbunden werden: der Designer Jim Fitzpatrick will für sein Che-Guevara-Portrait eine Urheberschaft erwirken.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

Stuttgart - Nicht mehr dem Kapital soll Che gehören. Die kommerzielle Welt soll bluten, wenn sie sich des Revolutionärs bedient. Das hat der Mann entschieden, der vor 44 Jahren eine der berühmtesten Ikonen des 20. Jahrhunderts schuf. Jim Fitzpatrick will nicht länger mit ansehen, wie sein Che-Guevara-Bild von gewissenlosen Unternehmern für private Profite genutzt wird. Der Ire möchte diese Einnahmen dem kubanischen Volk zur Verfügung stellen – und der Familie Guevaras.

 

So viele Jahre nach der Entstehung des legendären Porträts, das bisher frei zu nutzen war, hat der Designer und Buchillustrator aus Dublin sich nun bemüßigt gefühlt, einen Anwalt einzuschalten, um sich Copyright und Vermarktungsrechte zu sichern. Im September, zur Eröffnung eines „Che-Guevara-Kulturzentrums“ in Havanna durch dessen Witwe Aleida, hofft Fitzpatrick sich seinen Traum erfüllt zu haben und Aleida und die Kubaner mit einem kontinuierlich sprudelnden Strom an Einnahmen zu beglücken. Dass sich Rebellen und aufbegehrende Studenten seiner Postervorlage bedienten, sei ihm immer recht gewesen, meint der Ire. Es gehe aber einfach nicht an, „dass sich Leute mit diesem Bild bereichern, wenn das Geld einem Kinderkrankenhaus in Havana zufließen könnte“.

Siegeszug um die Welt

Ein Vermögen dürfte Fitzpatricks Schöpfung wahrhaftig wert sein. Von Kunstexperten wird es zu den zehn bekanntesten Porträts der Welt gezählt – leichter zu identifizieren als die Mona Lisa. Seit Fitzpatrick 1967 auf der Grundlage eines Fotos des Kubaners Alberto Korda seine Zeichnung anfertigte, um sie im Jahr darauf in einer Londoner Galerie auszustellen, hat dieses Bild einen beispiellosen Siegeszug um die Welt angetreten.

Von den Pariser Studenten, die das Bild unmittelbar zum Banner ihrer Bewegung erkoren, bis zu den Revolutionären Lateinamerikas, die sich davon inspirieren ließen, wurde es mit Begeisterung aufgenommen und auf Postern, Plakaten, T-Shirts endlos reproduziert. Das besternte Barrett, das wilde Haar, der heroische Blick erwärmten das Herz melancholischer Teenager wie hartgesottener Freiheitskämpfer – bevor die Industrie den Marktwert der Ikone erkannte, und sie ihren Weg auf Kaffeebecher, Baseballkappen, Abtrockentücher und Unterwäsche fand.

Begegnung bleibt unvergessen

Dabei war das schwarz-rote Poster anfangs noch manchem Regime, auch in Europa, ein Dorn im Auge gewesen. In Francos Spanien konnte, wer es verteilte, verhaftet werden. In Osteuropa verdächtigte man seine Besitzer umstürzlerischer Neigungen. „Ich hatte das Ganze absichtlich so gestaltet, dass sich die Bilder wie Kaninchen vermehren würden“, erklärt Fitzpatrick seine damalige Aktion. „Sie hatten ihn umgebracht. Es gab keine Gedenkstätte, kein Ziel für eine Pilgerreise, nichts. Ich wollte einfach, dass sein Porträt so stark in Umlauf kommen würde wie nur möglich. Sein Bild, sein Name sollte niemals sterben.“ Fitzpatrick selbst war Che einmal im Jahr 1962 begegnet. Als Teenager hatte er im kleinen Kilkee in der Grafschaft Clare hinter einer Hotelbar gestanden, als Guevara zusammen mit zwei Leibwächtern durch die Tür spaziert kam. Nach Kilkee hatte es Guevara verschlagen, weil seine Maschine auf dem Weg von Moskau nach Havanna im Flughafen Shannon einen Zwischenstopp einlegen musste und wegen Nebels nicht weiterfliegen konnte. Er habe den Besucher auf Anhieb erkannt, berichtete Fitzpatrick später. Zu reden habe man ja jede Menge gehabt: Immerhin war Guevaras Mutter eine geborene Lynch, aus dem südirischen Cork.

Klar war, dass Jim Fitzpatrick diese Begegnung nie vergessen würde. Nach der Erschießung Guevaras revanchierte er sich mit seiner Porträtaktion, die Che der Welt erhalten sollte. Anders als sein Idol geriet der Ire später in Vergessenheit. Während sein Poster zum globalen Hit wurde, entwickelte er daheim keltisches Design, illustrierte Bücher und entwarf Cover für Alben von Sinead O’Connor. Nur der Zorn darüber, dass sein genialster Streich, sein größtes Vermächtnis, in die falschen Hände geraten sei, hat ihn nun wieder auf die Barrikaden getrieben. Sollte es ihm gelingen, sich sein Recht zu holen, dürfte das einige Che-Verwerter teuer zu stehen kommen.