Ein Großteil der Deutschen sucht Versicherungsverträge oder Kfz-Policen über das Internet. Das sorgt in der Versicherungsbranche für Ärger. In einem Musterprozess stehen sich Versicherungskaufleute und ein Preis-Portal gegenüber.

München - Online-Vergleichsportale müssen Verbraucher beim Vertragsabschluss im Internet grundsätzlich nicht so intensiv beraten wie Versicherungsmakler ihre Kunden von Angesicht zu Angesicht. Das zumindest deutet sich nach Aussagen von Richterin Barbara Clementi in einem Musterprozess vor dem Landgericht München an. „Wer im Internet sucht, hat seinen Fokus auf dem Preis und weiß, dass die Beratung nicht gleich intensiv ausfällt“, begründete die Richterin ihre Auffassung. Ihr Urteil verkünden will die Kammer am 13. Juli. Auch für die Prozessgegner – den Bundesverband der Versicherungskaufleute (BVK) auf der Klageseite und das deutschlandweit führende Online-Vergleichsportal Check24 – ist aber jetzt schon klar, wohin die Reise geht. „Unser Geschäftsmodell ist bestätigt“, meinte Check24-Geschäftsführer Christoph Röttele. Zufrieden zeigte sich aber auch BVK-Präsident Michael Heinz.

 

In zwei Punkten sieht Clementi bei Check24 Nachbesserungsbedarf. Einmal müsste Besuchern der Internetseiten sichtbarer und eindeutiger als bisher klargemacht werden, dass sie es mit einem Versicherungsmakler zu tun haben, der für die Vermittlung von Policen eine Provision kassiert. Zum anderen könne auf Check24 abhängig von der Art einer vermittelten Police erhöhter Frageaufwand zukommen, um Versicherungsumfänge genauer festzulegen oder unnötige Doppelversicherungen zu vermeiden.“ Das ist aber immer eine Einzelfallabwägung“, stellte Clementi klar.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens in der nächsten Instanz ist wahrscheinlich

Ungewiss ist damit, ob der BVK das Grundsatzurteil überhaupt erreichen kann, das er angestrebt hat. Ohnehin hat der Verband angekündigt wegen der fundamentalen Bedeutung des Verfahrens durch alle Instanzen gehen zu wollen. Eine Revision vor dem Oberlandesgericht München ist also bereits vorprogrammiert. Der BVK sieht in seiner Klage gegen Check24 ein Musterverfahren, das auch für andere Online-Vergleichsportale wegweisenden Charakter haben soll.

Die Aussichten der Versicherungskaufleute bei dem Verfahren sind aber nicht allzu gut. Den vom Gericht verlangten deutlichen Hinweis auf den provisionsgetriebenen Maklerstatus von Check24 sieht Röttele als Formalie an, die mit einfachen Änderungen im eigenen Internetauftritt zu erfüllen sei. Mehr Aufwand könnte dagegen der im Einzelfall erweiterte Fragebedarf mit sich bringen, den das Landgericht anmahnt. Bei einer Hausratversicherung müsste ein interessierter Verbraucher beispielsweise auch online erklärt bekommen, ob sein Fahrrad mitversichert ist.

Welche Spielregeln gelten im Internet?

Es sei immer im Einzelfall zu klären, welche Fragen ein Online-Vermittler seinen Kunden stellen muss, um seinen gegenüber physischen Maklern im Büro verringerten Beratungspflichten noch zu genügen, betonte Clementi.

Der BVK will dagegen gerichtlich durchsetzen, dass seine Mitglieder und Online-Makler wie Check24 nach den gleichen Spielregeln arbeiten müssen. Der Rechtsstreit ist aus Verbrauchersicht von großer Bedeutung, weil Vergleichsportale nicht nur für potenzielle Versicherungskunden immer wichtiger werden. Drei Viertel aller EU-Bürger suchen mittlerweile auf solchen Online-Plattformen nicht nur die für sie beste Kfz-Police sondern auch günstige Flugreisen oder Stromtarife. Versicherungsmaklern ist ein Dorn im Auge, dass die Politik ihnen umfangreiche Informationspflichten inklusive Dokumentation auferlegt hat, Online-Makler diese Anforderungen aber nicht im gleichen Umfang erfüllen.