Der Gouverneur von Tokio will ein paar Inseln kaufen, auf die auch China Ansprüche anmeldet. Nun hat Japan Aktivisten aus Hongkong festgenommen, die die Inseln besetzen wollten. China schließt den Einsatz der Kriegsmarine nicht aus.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Tokio - Shintaro Ishihara ist Gouverneur der Präfektur Tokio. Der ehemalige Schriftsteller ist parteilos, er gilt als streitbar und in seiner Gesinnung als national-konservativ. Genau diese Geisteshaltung ist der Grund dafür, dass Hiroyuki Kurihara Kontakt mit ihm aufgenommen hat. Kurihara ist Besitzer dreier Inseln, die er gerne verkaufen möchte. Dem national-konservativen Gouverneur würde er sie anvertrauen. Das Ganze hat das Zeug dazu, eine lang schwelende Krise neu zu befeuern. China und Taiwan melden nämlich ebenfalls Ansprüche auf die Eilande an, am Mittwoch ist die Situation eskaliert.

 

Es geht um die Senkaku-Inseln, zumindest dann, wenn man der japanischen Sprechart folgt. Auf Chinesisch heißen die insgesamt fünf Inselchen, die rund 200 Kilometer nordwestlich von Taiwan und 500 Kilometer westlich von Okinawa liegen, Diaoyu-Inseln. In seltener Eintracht haben sowohl Taipeh als auch Peking lautstark gegen die Verkaufsabsichten protestiert. Japans Premier Yoshihiko Noda verhielt sich eher zurückhaltend. Er würde die Inseln auch gerne kaufen.

Der Einsatz von Kriegsschiffen scheint möglich

Am gestrigen Mittwoch hat die japanische Polizei 14 Aktivisten aus Hongkong festgenommen, die eine der umstrittenen Inseln besetzen wollten. Ursprünglich sollte die Gruppe aus Hongkong von Kollegen aus Taiwan und China begleitet werden, doch die sagten ihre Teilnahme kurzfristig ab. Dafür hatte die chinesische Zeitung „Global Times“ schon einmal im Vorfeld gewarnt, Japan möge die Aktivisten nicht behindern. Andernfalls sei China gezwungen, Kriegsschiffe zu entsenden.

Nach der japanischen Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurden die fünf Inseln zunächst von den USA verwaltet – und 1972 an Japan zurückgegeben. Die jetzigen Eigentümer hatten drei der zusammen etwa fünf Quadratkilometer großen Inseln noch im selben Jahr erworben. Dabei hatten sie versprochen, im Falle eines späteren Verkaufes nur staatliche Stellen als Verhandlungspartner zu akzeptieren.

Taiwans Präsident macht einen Lösungsvorschlag

Ähnlich wie bei den Streitobjekten im Südchinesischen Meer, wo China, Vietnam, die Philippinen und weitere Staaten um eine ganze Reihe von Inselgruppen ringen, geht es auch bei den Senkaku- beziehungsweise Diaoyu-Inseln um ganz handfeste Wirtschaftsinteressen. Im Meeresboden rund um die allesamt unbewohnten Inseln werden reiche Bodenschätze vermutet, die Fischgründe gelten als üppig. Nun hat Taiwans Präsident Ma Ying-jeou sowohl Peking als auch Tokio dazu aufgerufen, die Streitigkeiten über die Frage der Hoheitsgewalt beizulegen und stattdessen gemeinsam die Ressourcen zu erschließen. Taiwanesischen Angaben zufolge hat Japans Außenministerium bereits erklärt, man wolle diese Möglichkeit nicht ausschließen – auch wenn Tokio die taiwanesischen Ansprüche auf die Hoheit über die Inseln damit nicht akzeptiere.

Gleichzeitig ist Taiwan allerdings bemüht, die eigenen Ansprüche gegenüber denen Pekings aufrechtzuerhalten und sich deutlich abzugrenzen. Ein Vorschlag chinesischer Akademiker, Taipeh und Peking sollten sich zusammenspannen, wies das taiwanesische Außenministerium nach Angaben des „Asienspiegels“ zurück. China, das Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, protestiert regelmäßig, wenn sich japanische Kriegsschiffe in dem umstrittenen Gebiet taiwanesischen Booten nähern. Das ist eine Art von Solidarität, die in Taiwan nicht auf ungeteilte Gegenliebe stößt.

Die Verkaufsabsichten von Hiroyuki Kurihara werden am Status quo nur wenig ändern. Schon heute sind vier der fünf Inseln an den japanischen Staat verpachtet, die fünfte gehört ihm bereits. Doch das Geschäft, das einen Wert zwischen neun und 14 Millionen Euro haben soll, bringt Unruhe die Region, und die wird andauern. Der bisherige Pachtvertrag für drei der Inseln läuft am 31. März aus.