Seit Monaten stehen Achterbahnen, Kettenkarusselle und Autoscooter still. Nichts geht mehr für die Schausteller in Baden-Württemberg. Deshalb wollen sie ihre Vergnügungsmaschinen jetzt in Bewegung setzen - auf der Straße, nicht auf der Kirmes.
Stuttgart - Seit Beginn der Corona-Pandemie hat nach Schätzungen des Schaustellerverbandes im Südwesten etwa jeder fünfte Unternehmer in der Branche aufgegeben. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagte der baden-württembergische Verbandsvorsitzende Mark Roschmann. Die Corona-Auflagen kämen einem Berufsverbot gleich.
Deshalb machen die Schausteller mobil: Rund 1000 von ihnen werden am Donnerstag (13.00 Uhr) bei einer Kundgebung in Stuttgart erwartet. Mit etwa 600 Fahrzeugen wollen sie vom Cannstatter Wasen, dem Schauplatz der jährlichen großen Volksfeste, in die City ziehen und lautstark ein Ende der strengen Verbote fordern. Viele von ihnen dürften ihre Fahrgeräte gleich mit dabei haben: „Wir haben ein Riesenrad auf eine Lkw-Lade montiert - und einen Sarg“, sagte im Vorfeld der Karlsruher Schausteller Willy Krusig.
Hygienekonzepte liegen vor
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wird auch Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) erwartet. Anfang Juli hatten rund 1600 Schausteller in Berlin für Erleichterungen bei den Corona-Einschränkungen demonstriert.
Sorgen bereite den Schaustellern vor allem die noch ausbleibende Perspektive für die Herbstfeste und Weihnachtsmärkte, sagte Roschmann. Zu den meisten Veranstaltungen lägen Hygienekonzepte vor, aber das Wirtschaftsministerium komme der Branche nicht entgegen. „Wenn wir die Aussicht auf die Märkte hätten und zudem die Zusage für die 20 Herbstfeste in Baden-Württemberg, dann wäre das schon mal ein Anfang“, sagte Roschmann. Bislang gilt ein Verbot von Großveranstaltungen bis mindestens Ende Oktober.
Bundesweit rund 5300 Unternehmen
Andere Gewerbe würden bei den Lockerungen besser behandelt als die Schausteller, beklagte der Verband. „Die Badeseen und Fußgängerzonen sind voll, aber das Kirmesgeschäft an der frischen Luft bleibt verboten, das können wir nicht nachvollziehen.“ Die Politik habe zudem pauschale Verbote ausgesprochen. „Dabei vergleicht sie die Kirchweih mit dem Oktoberfest, und das ist unnötig“, sagte Roschmann.
Unterstützt wird er vom Landesverband der Schausteller und Marktkaufleute. „Wir haben keinen Liquiditätsengpass, sondern einen Notstand“, sagte dessen Präsident Werner Burgmeier. Ihre letzten Einnahmen hätten die Schausteller auf den Herbstkirmessen oder Weihnachtsmärkten 2019 erzielt.
Nach Angaben des Deutschen Schaustellerbunds zählt die Branche bundesweit rund 5300 Unternehmen mit 31 800 Beschäftigten. Die Schausteller beschicken etwa 9750 deutsche Volksfeste und rund 3000 Weihnachtsmärkte. Zahlen für Baden-Württemberg liegen nicht vor.