Maßnahmenkatalog statt Zwischenbilanz – mit ihrem nicht abgestimmten Vorpreschen hat die Kanzlerin das ohnehin nicht allseits geteilte Vertrauen in die Corona-Politik von Bund und Ländern untergraben.

Berlin - Die guten Nachrichten zu Impfstoffen häufen sich. Das stärkt das Argument derer, die die harten Einschränkungen noch eine Weile durchhalten wollen – bis das sichtbare Licht am Ende des Tunnels mit einer möglichst geringen Zahl von Corona-Opfern erreicht ist. Vor diesem Hintergrund sind auch die Zusatzmaßnahmen zu verstehen, die das Kanzleramt am Montag den Ländern vorgeschlagen hat. Ebenso verständlich ist, dass die Ministerpräsidenten Angela Merkel noch nicht gefolgt sind – und erst über weitere Beschlüsse diskutieren wollten, die es nun nächste Woche geben wird.

 

Kanzleramtschef reagiert überzogen

Zwischen politischer Abgehobenheit und Führungsstärke verläuft ein schmaler Grat – das gilt auch für die Kanzlerin. Früher als manche Länderchefs erkannte sie Ende September, dass die Pandemie gewaltig aus dem Ruder läuft. So richtig es damals war, eine Linie vorzugeben, so überzogen sind sie und ihr Kanzleramtschef Helge Braun jetzt vorgegangen. Man kann nicht eine Zwischenbilanz des Teil-Lockdowns ankündigen, um dann ohne Vorabsprache sofort neue Einschränkungen beschließen zu lassen. Das überhastete Vorgehen erzeugt Verunsicherung und ist Wasser auf die Mühlen derer, die diese Woche gegen die Sondervollmachten der Regierung auf die Straße gehen. Die Bemühungen des Bundestags, mehr rechtliche Klarheit in das Infektionsschutzgesetz zu bringen, werden so untergraben.

Es wird mehr Einschränkungen geben

In der Sache ist klar, wohin die Reise bei der Ministerpräsidentenrunde nächste Woche geht: Es wird nach dem November eher mehr Einschränkungen geben als weniger. Durchhalten ist angesagt – mit einem nicht optimal vorbereiteten Schulsystem und zu wenig FFP2-Masken.

christopher.ziedler@stzn.de