Am 20. März sollen Einschränkungen fallen – dabei steigen die Infektionszahlen nicht nur im Rems-Murr-Kreis massiv an. So sieht es aus im Kreis, kurz vor dem „Freedom Day“.

Die Zahl der Neuansteckungen ist so hoch wie nie, die Inzidenzen kratzen in Land und Bund an der 2000er-Marke und im Rems-Murr-Kreis gibt es neuerdings wieder Pflegeheime, die sich von Besuchern abriegeln, weil dort die Zahl der aktuell Infizierten Größenordnungen von mehr als 20 Prozent erreicht. Andererseits geht es mit Blick auf den zum Tag des weit gehenden Endes der Einschränkungen erkorenen 20. März scheinbar nur noch darum, welche Restmaßnahmen erhalten bleiben sollen oder dürfen. Auf Bundesebene sind außer der FDP alle anderen Ampelkoalitionäre höchst unglücklich mit dem, was an sogenanntem „Corona-Basisschutz“ noch übrig bleiben soll. „Wir haben derzeit eine Entkoppelung zwischen der tatsächlichen Entwicklung und der politischen Diskussion über Lockerungen“, sagt dazu der Münchner Virologe Oliver Keppler.

 

Kaum Corona-Patienten in den Intensivstationen

Die Kliniken rundum geben derweil angesichts weniger Fälle in den Intensivstationen weitgehend Entwarnung, zumindest in Sachen Systemkollaps – auch wenn die Hospitalisierungsquote bei aktuell 7,7 je 100 000 Neuansteckungen einmal mehr zu einem kleinen Höhenflug ansetzt. In den Rems-Murr-Kliniken hat sich die Zahl der Corona-Patienten binnen weniger Tage auf 83 verdoppelt. Allerdings müssen nur zwei davon auf der Intensivstation versorgt und einer beatmet werden. Virologen warnen andererseits vor bösem Erwachen spätestens mit der durch Lockerungen womöglich angestoßenen nächsten Welle im Sommer. Und für Baden-Württemberg ist spätestens seit entsprechender Äußerungen von Landesvater Winfried Kretschmann (Grüne) klar, dass hierzulande etwa im Bereich der Maskenpflicht zumindest für eine Übergangsfrist noch rigidere Regeln gelten werden. Zunächst wird im Land wohl die Maskenpflicht in Innenräumen zumindest bis zum 2. April verlängert.

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Mehr als 1000 Waiblinger in Quarantäne

Zur Wochenmitte verzeichnete der Rems-Murr-Kreis mit 8421 aktuell in Quarantäne befindlichen Infizierten einen neuen Rekordwert. Allein in Waiblingen ist die Zahl mit 1113 in kürzester Zeit über die 1000er-Marke geklettert. Damit befinden sich dort, ebenso wie insgesamt im Kreis, rund zwei Prozent der Bewohner momentan in Quarantäne – oder sollten dies tun. Nimmt man die Gesamtzahl derer, die sich seit März 2020 im Kreis angesteckt haben, dann liegt rein statistisch und ohne Mehrfachansteckungen zu berücksichtigen der Anteil derer, die mindestens einmal mit dem Virus infiziert waren bei gut 100 000, also etwa einem Viertel der Kreisbevölkerung.

Den derzeitigen Trend im Kreis verdeutlicht die Zahl der in Quarantäne befindlichen knapp 8500 Kreisbürger, die allein von Dienstag auf Mittwoch um rund 1000 oder fast 13 Prozent explodiert ist. Zusätzlich ist mit einer hohen Zahl an gar nicht mehr registrierten Infektionsfällen zu rechnen. Laut dem Dashboard des Landkreises lag die Inzidenz im Kreis am Donnerstag bei 1606. Landesweit liegt diese sogar bei knapp 2000. Spitzenreiter in der Region Stuttgart ist momentan der Kreis Esslingen mit knapp 1900, landesweit Sigmaringen mit rund 3300 Neuansteckungen je 100 000 Einwohnern binnen sieben Tagen.

Unverändert präsentieren sich – in Kreis, Land und Bund – allein Zahl und Quote der Geimpften. Im Kreis verharrt der Anteil der Vollimmunisierten weiterhin unter der 70-Prozent-Marke. Anders sieht dies in den Alten- und Pflegeheimen aus, für die seit wenigen Tagen rein formal die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt. Dort wird von aktuellen Impfquoten zwischen 90 und 98 Prozent berichtet – allerdings teils bei akutem Personalmangel und hoher Fluktuation. Da zunächst seit dem 15. März nicht geimpfte Mitarbeiter nur beim Gesundheitsamt gemeldet werden müssen und dort die Verfahrensweisen für die im Zweifelsfall vorgeschriebene Einzelfallprüfung offenbar ebenso unklar scheint wie die Beschaffung der notwendigen personellen Kapazitäten, werden zumindest für die kommenden Wochen kaum verschärfende Auswirkungen auf die ohnehin prekäre Pflegesituation erwartet. Zumal auch die Aussicht auf Ausnahmeregelungen größer scheint als die Gefahr einer brachialen Durchsetzung. Andererseits verschärfte sich jüngst die Ansteckungslage in den Heimen trotz hoher Impfquoten wieder merklich. Im Haus an den Weinbergen in Remshalden etwa sind Besucher seit Mittwoch wieder ausgeschlossen, weil dort offenbar 35 neue Coronafälle aufgetreten sind.