Martin Schaber spielt jeden Abend auf seiner Posaune das Lied „Der Mond ist aufgegangen“.

Leonbegr - Jeden Abend, wenn sich langsam die Dunkelheit in den stillen Straßen des Ortskerns breit macht, lassen um 19 Uhr Posaunenklänge Jung und Alt aufhorchen und innehalten. Von einer Terrasse auf der Westseite des betreuten Wohnens am Rathausplatz verkünden sie, „da ist jemand, der an Euch denkt – tut das Gleiche mit Eurem Nächsten“.

 

Es sind die Klänge von „Der Mond ist aufgegangen“, die der 83-jährige Martin Schaber in den Abend schickt. Den Text von den goldnen Sternlein, die am Himmel prangen, kennen viele auswendig. Es geht um geborgenes Einschlafen, aber das Lied führt auch mitten hinein in unsere Tage, denn es endet mit: „Lass’ uns ruhig schlafen und unseren kranken Nachbarn auch.“

„Ich will den Menschen Mut und eine Freude machen“, sagt Martin Schaber. Mit einer Nachbarin habe er über die mutmachenden Balkon-Konzerte in Italien gesprochen, dabei habe sie erzählt, dass eine Nichte im Remstal ihr gemailt habe, dass hier abends das Lied „Der Mond ist aufgegangen“ erklingt.

Lesen Sie hier: Alle News zur Corona-Pandemie

Warum nicht auch in seinem geliebten Rutesheim, habe er sich gedacht, sagt Martin Schaber und hat zu seiner Posaune gegriffen. Wie er das schon seit 71 Jahren tut, denn schon so lange ist er Musiker im Posaunenchor des CVJM Rutesheim. Dem christlichen Verein, der in Rutesheim 2019 sein 125-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist er sehr verbunden. Und der gelernte Mechanikermeister, der zum Fachkaufmann umgeschult hatte und viele Jahre beim Werkzeughersteller Sandvik in Renningen beschäftigt war, ist ein gläubiger Christ. Über Jahrzehnte ist er ein treuer Besucher der seit fast 50 Jahren stattfindenden „Weissacher Tage“. Organisiert von der evangelischen Kirche, werden hier eine Woche lang jeden Abend Vorträge zu ausgewählten Bibelpassagen gehalten. „Natürlich kenne ich die Texte, aber es bewegt mich immer wieder, wie die Teilnehmer sie auslegen“, hat Martin Schaber bei so einem Treffen gesagt.

Geboren in Rutesheim – „ich war noch nie woanders“ – ist Martin Schaber eng mit seinem Heimatort verbunden. Das hat er nicht nur in seinem 2014 erschienen Buch „Denkt der’s no? – Erinnerungen an die Kindheit“ gezeigt. Auf Anregung seiner Enkel hat er für dieses Werk lange recherchiert und viele Gespräche geführt. Auf 130 Seiten werden Geschichten um die Jahre 1940 bis 1950 aus dem Ort erzählt – teilweise auch in der Rutesheimer Mundart. Das Buch enthält unter anderem Kapitel über die Kindheit und die Schuljahre. Aber auch die Kriegsjahre in seinem Heimatort werden behandelt. Der Autor, selbst Jahrgang 1936, erinnert sich an Feste und er verrät, was er als Kind und Jugendlicher so ausgeheckt hat.

Es verwundert nicht, dass Martin Schaber auch aktives Mitglied im Rutesheimer Arbeitskreis „Geschichte vor Ort“ ist. Und was gehört noch zum Rutesheimer Selbstbewusstsein? Natürlich der Rohstrugel. Martin Schaber war der Ideengeber für den überdimensionalen Rohstrugel auf dem Festwagen anlässlich der Festumzuges 2017 während der 1250. Jahresfeier der Stadt. Nun hat das „Nationalgericht“ sogar eine Metallstele vor dem Rathaus.

Für Martin Schaber steht fest: Sein Lied wird weiterhin erklingen – um seinen Rutesheimern Mut zu zu machen.