Ein Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht scheitert. Eine Gruppe von Politikern aus der Ampelkoalition legt einen Gesetzentwurf für eine allgemeine Impfpflicht vor. Die Unionsfraktion hat einen mehrstufigen Kompromiss ausgearbeitet.

Berlin - Rund um die Impfpflicht, gleich ob einrichtungsbezogen oder allgemein, ist gerade sehr viel in Bewegung. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

 

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht

Der Freitag begann gut für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen Eilantrag gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht ab. Rechtlich steht damit der Einführung ab Mitte März nichts mehr im Weg. Das Gesetz zur Teil-Impfpflicht sieht vor, dass die Beschäftigten im Pflege- und Gesundheitswesen bis zum 15. März 2022 nachweisen müssen, dass sie voll geimpft (oder genesen) sind. Wird der Nachweis nicht erbracht, kann das Gesundheitsamt ein Betretungsverbot für die Einrichtung und auch ein Tätigkeitsverbot aussprechen. In der Sache hat das Gericht noch nicht entschieden. Es sieht aber angesichts der „sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung“ und dem hohen Risiko pflegebedürftiger und kranker Menschen keinen Grund für das Aussetzen der Pflicht bis zur endgültigen Entscheidung. Ganz ausgestanden ist die Sache damit für Lauterbach also noch nicht. Dennoch ist die Entscheidung wichtig für ihn. Wäre der Eilantrag angenommen worden, hätte das Aussetzen der Teil-Impfpflicht womöglich am Ende auch die von Lauterbach favorisierte allgemeine Impfpflicht zu Fall gebracht.

Allgemeine Impfpflicht

Die Initiatoren eines fraktionsübergreifenden Antrags zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht haben am Freitag einen Gesetzentwurf vorgelegt. Er sieht vor, dass zunächst „alle erwachsenen Personen persönlich kontaktiert und von ihren Krankenkassen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informiert“ werden sollen. Im zweiten Schritt solle „eine allgemeine Impfpflicht für Personen über 18 Jahre“ eingeführt werden. Ab dem 1. Oktober 2022 müssten alle Erwachsenen mit Wohnsitz in Deutschland über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen. Zusätzlich wären sie verpflichtet, ab dem 1. Oktober diesen Nachweis auf Anforderung ihrer Krankenkasse oder ihres Versicherers vorzulegen. Ausgenommen sollen Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel sein. Die Impfpflicht entfällt auch, wenn medizinische Gründe vorliegen. Sie soll bis zum 31. Dezember 2023 bestehen. Zur Durchsetzung ist ein Zwangsgeld vorgesehen, Haft ausdrücklich ausgeschlossen.

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Der Gesetzentwurf wird wohl schon in der nächsten Woche eingebracht. Damit dürfte eine breite Diskussion beginnen. Die müssen die Initiatoren aus den Reihen der Ampelkoalition auch mit den Kassen führen. Die hatten schon klargemacht, dass sie nur für die Ansprache der Versicherten zur Verfügung stehen wollen, nicht aber zur Kontrolle. Der Gesetzentwurf verpflichtet Kassen und private Versicherer aber dazu. Das wird den Kassen missfallen. Debatten wird es sicher auch bei Fragen der technischen Durchführung geben. Das gesamte Thema des Impfportals, in dem die Nachweise von den Bürgern hinterlegt werden sollen, ist im Entwurf äußerst knapp und formal angesprochen. Gut möglich, dass sich hier aufgrund der nicht trivialen technischen Umsetzung noch zahlreiche Fallstricke verbergen.

Unionsfraktion positioniert sich

Die Unionsfraktion im Bundestag hat sich auf einen dreistufigen „Impfmechanismus“ geeinigt, der im Prinzip nur ein anderes Wort für Impfpflicht ist. Der Mechanismus soll erst greifen, wenn sich die Corona-Lage noch mal verschärft. Die Kriterien, wann dies der Fall ist, müsste der Bundestag noch festlegen. Die Unionsfraktion schlägt drei Stufen vor: Zunächst sollen alle ab 60 Jahren geimpft werden. Die zweite Stufe betrifft Personen ab 50. Danach kämen Mitarbeiter in Schulen, Kitas, der Polizei und anderer kritischer Infrastruktur an die Reihe. Für all dies soll ein Impfregister aufgebaut werden. Im Grunde läuft der Vorschlag auf einen Vorratsbeschluss hinaus: Erst wenn es erneut ernst würde, wird geimpft – und dann in Stufen. Im Klartext handelt es sich um eine Absage an eine allgemeine Impfpflicht.