Vor Weihnachten testet das DRK in der Filharmonie in Filderstadt-Bernhausen gut 1000 Bürger auf das Coronavirus – kostenlos. Das Ganze ist ein organisatorischer Kraftakt.

Bernhausen - Schweißperlen glitzern auf Marc Weiss’ Stirn. Der Bereitschaftsleiter des Deutschen Roten Kreuzes in Filderstadt steht sichtlich unter Strom. „Wir machen das zum ersten Mal in der Größenordnung“, sagt er. Es ist der 23. Dezember, eine halbe Stunde nach dem Startschuss zur großen Corona-Schnelltestaktion des DRK in der Filharmonie in Bernhausen. Das Ziel der Ehrenamtlichen: Etwa 1000 Leuten wollen sie bis mittags am Heiligabend per Corona-Antigenschnelltest ermöglichen, ein weitgehend unbesorgtes Weihnachtsfest zu verbringen, „das ist ambitioniert“, bekennt Marc Weiss.

 

Das Ganze ist ein organisatorischer Kraftakt und minutiös geplant. 50 Helfer aus allen Filderstädter DRK-Ortsvereinen sind an den zwei Testtagen im Einsatz. Alle drei Minuten soll an jeder der vier Abstrichstationen einem Bürger ein Teststäbchen weit in die Nase eingeführt werden. Binnen einer Stunde soll das Ergebnis samt aller nötigen Informationen, wie danach weiter zu verfahren ist, im E-Mail-Posteingang des Getesteten eintrudeln. Für die Bürger ist all das kostenlos. Damit sich vor der Filharmonie kein Stau bildet, sind den Menschen exakte Startzeiten mitgeteilt worden. Sicherheitsleute überprüfen am Einlass Namen und Uhrzeiten, dann geht’s tranchenweise und im Gänsemarsch in den Saal und schließlich über einen Seitenausgang wieder hinaus.

Unangenehme Prozedur

Die Leute lassen vor allem aus einem Grund die unangenehme Prozedur über sich ergehen: Sie tun es für Oma und Opa. „Wir wollen Weihnachten mit den Großeltern feiern“, sagt Mareike Ruoff aus Neuhausen. Sie ist mit ihrem Mann und den beiden drei- und fünfjährigen Kindern gekommen. Auch die Kleinen werden getestet, denn im Ort habe es Corona-Fälle in Kitas gegeben. „Wir sind sehr vorsichtig“, sagt Mareike Ruoff, und die Großeltern hätten die Tests sogar zur Voraussetzung für ein gemeinsames Fest gemacht. Kurz vor der Familie Ruoff ist ein Mutter-Tochter-Duo aus Harthausen dran. Die Frauen lassen sich testen, um die 77-jährige Oma im Pflegeheim angstfrei besuchen zu können. „Das ist eine tolle Möglichkeit“, sagt die Mutter über das Angebot des DRK.

Mehr als 100 Ortsverbände in Baden-Württemberg richten derartige Weihnachtsaktionen aus, sagt Udo Bangerter, ein Sprecher des DRK-Landesverbands. 80 000 Schnelltests habe das Sozialministerium dafür bereitgestellt. In Filderstadt hat die Stadtverwaltung eine Finanzspritze in Höhe von 2500 Euro zugesagt, außerdem werden die Halle und der Ordnungsdienst zur Verfügung gestellt. Marc Weiss und seine Mitstreiter haben zwei Wochen lang geplant und alles „intensiv durchgearbeitet“: Grundrisse der Filharmonie eingeholt, die Lüftung eingestellt, das Online-Anmeldeverfahren auf die Beine gestellt, die Mitarbeiter geschult.

Nachfrage ist gigantisch

Die Arbeit ist anstrengend. Daniela Mack vom DRK Bernhausen ist eine derjenigen, die den Abstrich entnimmt. Gesichtsschild, FFP2-Maske, Haarnetz, Ganzkörperanzug: Von der jungen Frau ist kaum etwas zu sehen. Unter ihrem Plastikanzug ist sie nach kurzer Zeit durchgeschwitzt. „Es ist die Hölle“, sagt sie – und lacht. Sie versprüht gute Laune. „Das ist in so einer Situation bestimmt förderlich“, sagt sie. Auch ihr Kollege Yannick Wagner vom DRK Plattenhardt versucht es mit Galgenhumor. „Es hat was von Sommertag“, sagt er hinter seiner beschlagenen Brille. Der Einsatz lohnt sich. Die Nachfrage ist gigantisch gewesen. Binnen Stunden sind sämtliche Tests ausgebucht gewesen, sagt Marc Weiss. „Man hätte das Angebot unbegrenzt groß machen können, und es hätte nicht ausgereicht“, sagt er. Um 6 Uhr am Morgen seien Bürger, die leer ausgegangen sind, vor der Halle aufgetaucht, um doch noch irgendwie dranzukommen – erfolglos. Mehr sei einfach nicht zu leisten. Marc Weiss betont: „Wir sind alle im Ehrenamt.“