Die zweite Corona-Welle beherrscht das Leben. Wie das Land die Krise meistert, hängt maßgeblich davon ab, ob die Kapazitäten in den Krankenhäusern ausreichen, um alle Patienten angemessen zu versorgen. Ein Blick in die Filderklinik in Filderstadt.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Bonlanden - Für die Mitarbeitenden der Filderklinik ist dieses Jahr eine besondere Herausforderung. Wie die Lage dort aktuell aussieht, wie das Team mit der Pandemie umgeht und was ihn persönlich ärgert, erklärt der Geschäftsführer Nikolai Keller im Interview.

 

Wie schätzen Sie die derzeitige Corona-Lage an der Filderklinik ein?

Die Anzahl an Patienten wird zunehmen, das ist auch der Trend der letzten Tage in unserem Haus. Wir sind aber sehr gut vorbereitet. Der Regelbetrieb der Filderklinik läuft daher aktuell uneingeschränkt.

Ist die aktuelle Lage noch besorgniserregender als damals im Frühjahr?

Auf Deutschland bezogen ist die Situation natürlich kritischer, weil die Infektionszahlen flächendeckend hoch sind. Im Vergleich zum Frühjahr gibt es also einen klaren quantitativen Unterschied hinsichtlich der Fallzahlen. Der Landkreis Esslingen war allerdings bereits damals Hotspot, und die Filderklinik hat sich in dieser Zeit schon intensiv an der Betreuung der Covid-19-Patienten beteiligt. Die erste Welle war unsere Bewährungsprobe, aus der wir natürlich viel gelernt haben.

Was genau haben Sie denn gelernt?

Wir haben ein sicheres Hygienekonzept entwickelt und alle Mitarbeitenden entsprechend informiert und geschult. Dieses Konzept wird regelmäßig gemäß den aktuell geltenden Vorgaben angepasst und optimiert. Als Team sind wir gut eingespielt und stimmen uns weiterhin mehrmals pro Woche in einer Covid-Sitzung eng ab. Dort besprechen wir den aktuellen Stand und klären offene Fragen. Es wurden Prozesse etabliert, wir haben eine umfassende Teststrategie entwickelt, und in Kürze können wir einige Covid-Tests auch im hauseigenen Labor durchführen, was die Wartezeiten auf die Ergebnisse verkürzt. Wir sind hervorragend aufgestellt und weiterhin für alle Patienten da. Die Gefahr, sich mit Covid-19 anzustecken, ist außerhalb der Klinik um ein Vielfaches höher als in unserem Haus.

Wie viele Covid-19-Patienten werden aktuell in der Filderklinik behandelt? Und wie viele von ihnen müssen intensivmedizinisch betreut oder sogar beatmet werden?

Derzeit (Stand 13. November, 12 Uhr) haben wir vier Covid-Patienten auf der Intensivstation sowie fünf Patienten in Isolation auf Normalstation, wovon drei bereits bestätigt sind, bei den anderen beiden warten wir auf das Testergebnis.

Wie viele Beatmungsplätze gibt es?

Wir haben sechs feste Beatmungsplätze und haben Anfang des Jahres um vier weitere aufgestockt. Im absoluten Eskalationsfall könnten wir nochmals auf weitere vier Beatmungsgeräte zurückgreifen.

Werden an der Filderklinik bereits Operationen verschoben, um Kapazitäten für Covid-19-Patienten freizuhalten?

Hier agieren wir flexibel und sprechen uns eng ab. Bisher müssen wir unseren Betrieb noch nicht einschränken. Sollte die Fallzahl auf der Intensivstation steigen und zusätzliche personelle Kapazitäten erforderlich sein, können wir die planbaren OPs jeder Zeit herunterfahren.

Für das Personal ist dieses Jahr ganz sicher eine Herausforderung. Wie ist die aktuelle Situation?

Unsere Ärzte, Pflegenden und Therapeuten leisten seit Beginn der Pandemie einen wichtigen Beitrag bei der Versorgung der Menschen im Landkreis. Deshalb gehören wir auch zu den wenigen Kliniken in Deutschland, die einen Anspruch auf die Corona-Prämie haben. Aber auch in den nicht primär von Covid-19 betroffenen Bereichen, vor allem in der Geburtshilfe, haben wir nochmals enormen Zuwachs bekommen und monatlich über 200 Geburten zu verzeichnen. Unser Team aus Ärzten, Hebammen und Pflegenden war hier unermüdlich im Einsatz.

Wie schafft es das Team der Filderklinik, diese enormen Herausforderungen zu meistern, und was kann jeder Einzelne dazu beitragen?

Unsere Erfahrungen und das Wissen aus der ersten Welle kommen uns jetzt natürlich in vielen Bereichen zugute. Wo anfangs noch offene Fragen waren, sind viele Dinge mittlerweile Teil des Klinikalltags geworden und die Prozesse gut aufeinander abgestimmt. Trotzdem erschwert Corona nach wie vor den Arbeitsalltag beziehungsweise führt zu erheblichem Zusatzaufwand – sei es durch das Arbeiten in kompletter Schutzmontur, das Warten auf Testergebnisse oder die Erfassung der Besucherdaten. Umso mehr frustriert es, wenn man die Bilder der Querdenker-Demos sieht oder auch Besucher, die sich nicht an unsere Hygieneregeln halten wollen. Unsere Mitarbeitenden leisten ihren Teil bei der Bekämpfung der Pandemie – das sollte jeder Einzelne auch tun.