Einige Dutzend Menschen haben am Samstagmittag in Stuttgart gegen das generelle Versammlungsverbot infolge der Coronavirus-Pandemie demonstriert. Die Kundgebung war von der Stadt kurzfristig genehmigt worden nach einem Eilbeschluss des Bundesverfassungsgerichts.
Stuttgart - „Für Freiheit. Für Frieden. Für unser Grundgesetz.“ Ein Mann steht am Samstagnachmittag breitbeinig auf dem Stuttgarter Schlossplatz und reckt sein Transparent wie eine Trophäe in die Höhe. Als einer von mehreren Dutzend Menschen hat er an einer Kundgebung teilgenommen, die sich für das Grundgesetz und gegen das generelle Versammlungsverbot in Folge der Corona-Pandemie richtete.
Die Stadt Stuttgart hatte die Demonstration erst am frühen Samstagmittag genehmigt, nachdem der Veranstalter beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Freitag einen Eilantrag gestellt hatte. Die Stadt hatte den Antrag auf Genehmigung einer Demonstration zunächst nicht bearbeitet mit dem Hinweis, dass sich das Verbot bereits aus der Landesverordnung zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie ergebe.
Das Gericht sah das Grundrecht des Antragstellers auf Versammlungsfreiheit verletzt. „Das ist eine Mahnwache für das Grundgesetz“, sagte Michael Ballweg, der Organisator der Demo. Er werte die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts als Beweis dafür, dass „die Demokratie in Deutschland noch funktioniert.“ Es sei zwar richtig, dass die Infektionszahlen gerade in Stuttgart in den vergangenen Wochen stark gestiegen seien. Das befreie aber nicht davon, „möglichst in kooperativer Abstimmung mit dem Antragsteller alle in Betracht kommenden Schutzmaßnahmen in Betracht zu ziehen und sich in dieser Weise um eine Lösung zu bemühen“. Es müssten immer die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden.
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Die Kundgebung gestaltete sich aufgrund der bestehenden Abstandsregeln kurios. So war kaum zu unterscheiden, wer tatsächlich aktiv an der Demo teilnahm und wer nur Passant war und das Treiben aus Neugier betrachtete. Die vom Versammlungsleiter eingesetzten Ordner machten sich mit Absperrbändern kenntlich, die sie von der Polizei ausgehändigt bekamen.
Fiechtner begrüßte demonstrativ mit Handschlag
Allerdings schafften sie es nicht, offensichtliche Grenzüberschreitungen zu unterbinden. Teils bildeten sich kleine Grüppchen, und der parteilose Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner begrüßte einen Bekannten demonstrativ mit Handschlag. „Ich finde es gefährlich, wenn die Grundrechte eingeschränkt werden und man sich nicht mehr versammeln darf“, begründete die 26-jährige Steffi Holz ihre Teilnahme.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikel stand, dass Heinrich Fiechtner Mitglied der AfD-Landtagsfraktion war. Das ist nicht richtig, Fiechtner ist 2017 ausgetreten.