Der Einzelhandel muss jetzt auch im Rems-Murr-Kreis schließen. Zumindest über Ostern werden allerdings die Kontaktbestimmungen nicht weiter verschärft. Der Landrat fordert derweil mehr Transparenz bei den Impfzahlen vom Land.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rems-Murr-Kreis - Jetzt ist es buchstäblich amtlich. Das Landratsamt hat in einer entsprechenden Bekanntmachung offiziell eine Verschärfung der Coronaregeln für diesen Dienstag angekündigt. Der Grund ist das Überschreiten der als kritisch eingestuften 100er-Marke der sogenannten Sieben-Tages-Inzidenz an mehr als drei aufeinanderfolgenden Tagen. Am Donnerstag war die Grenze mit einem Wert von 108 zum ersten Mal überschritten worden. Am Sonntag lag die Kennziffer bereits bei 146, am Montag bei 142.

 

Mit der Karenz von einem Werktag gelten nun die verschärften Regelungen gemäß der Coronaverordnung des Landes. Diese ist erst an diesem Montag aktualisiert worden. Der erweiterte Krisenstab des Rems-Murr-Kreises, zu dem neben den Kommunen auch das Staatliche Schulamt, der Pandemiebeauftragte der Kreisärzteschaften, ein Vertreter der Justiz und das Polizeipräsidium Aalen gehören, habe sich bewusst entschieden, keine darüber hinausgehenden Einschränkungen zu erlassen, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts.

Im Wesentlichen gelten diese Restriktionen:

• Der Einzel- und nun auch der Buchhandel müssen sich von Dienstag an auf Abhol- und Lieferdienste beschränken. Läden mit Produkten für den täglichen Bedarf sowie Friseure, Drogerien, Baumärkte und Fotostudios bleiben geöffnet.

• Museen müssen geschlossen bleiben, Musik- und Kunstschulen auf Onlineunterricht umstellen.

• Außen- und Innensportanlagen für den Amateur- und Freizeitsport müssen geschlossen werden. Nur Individualsport auf weitläufigen Anlagen (etwa Golf) ist erlaubt.

• Zumindest über die Osterfeiertage werden die bestehenden Kontaktbeschränkungen hingegen auch mit Notbremse nicht verschärft: Maximal fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten sind erlaubt.

• Neu ist auch, dass bei Mitfahrten von Personen aus unterschiedlichen Haushalten im Auto für alle Insassen eine Maskenpflicht gilt.

Sollten die nun ergriffenen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen, werden allerdings in einem zweiten Schritt auch wieder Ausgangsbeschränkungen wahrscheinlich. Die Landesregierung weise Landräte und Gesundheitsämter an, diese zu verhängen, wenn alle Maßnahmen versagten, heißt es aus dem Waiblinger Landratsamt.

Der Rems-Murr-Kreis sei im Übrigen auch in einem engen Austausch mit dem Nachbarlandkreis Schwäbisch Hall, der neben dem ebenfalls nicht weit entfernten Hohenlohekreis die höchste Inzidenz aller Landkreise in Baden-Württemberg aufweist. Inwiefern die hohen Fallzahlen in direkter Nachbarschaft zu steigenden Zahlen im Rems-Murr-Kreis beigetragen, lasse sich zwar nicht belegen, allerdings müsse dies weiterhin sehr genau beobachtet und notfalls reagiert werden.

Landrat Sigel kritisiert Land in Sachen Impfstrategie

Mehr Transparenz wünscht sich der Landrat Richard Sigel hingegen in Sachen Impfstrategie. Gerade mit Blick auf die geplante Impfung in Arztpraxen nach Ostern benötige man dringend Klarheit über die lokale Impfquote: „Wir brauchen vom Land einen Überblick, wie viele ältere Bürgerinnen und Bürger in den Land- und Stadtkreisen in Baden-Württemberg bereits geimpft sind“, sagt Sigel. Es dürfe nicht wie bei der Verteilung der Kreisimpfzentren der Fehler gemacht werden, dass Impfstoff ohne einen Blick auf die Bevölkerungsdichte verteilt werde. „Der Impfstoff muss dorthin und in die Arztpraxen gelenkt werden, wo die Impfquote noch besonders niedrig ist“, so der Landrat.

Bestärkt fühlt sich Sigel in seiner Forderung durch den Chef des Robert-Koch-Instituts Lothar Wieler. Dieser habe jüngst auf Anfrage des Deutschen Landkreistages bestätigt, dass detaillierte Angaben zum Impfgeschehen zum Beispiel nach Landkreis und Alter für die Einschätzung des geimpften Anteils der Bevölkerung vor Ort dringend notwendig seien und gleichzeitig kritisch angemerkt, dass diese Daten bisher nur aus sieben Bundesländern vorlägen.

Gemeinsamer Brief mit dem Böblinger Landrat

In seiner Forderung nach Offenlegung der Impfquoten erhält Sigel auch Schützenhilfe von seinem Böblinger Amtskollegen Roland Bernhard. In einem gemeinsamen Schreiben fordern die Landräte den Landesgesundheitsminister Manne Lucha auf, auf eine einheitliche Teilnahme an dem sogenannten digitalen Impfquoten-Monitoring (DIM) zu drängen und sich auch selbst daran zu beteiligen.

Die Bürger bittet Sigel hingegen einmal mehr, sich gemeinsam mit aller Kraft gegen die dritte Welle der Pandemie zu stemmen. „Wir müssen jetzt gemeinsam weiter durchhalten. Denken Sie bitte weiterhin an Abstand, Lüften, Masken und Hygiene. Einem kurzen Beisammensein kann eine lange Quarantäne folgen.“