Das Gericht im ersten Costa-Concordia-Prozess akzeptiert einen Deal und verhängt niedrige Strafen für fünf Angeklagte. Die Anwälte der Hinterbliebenen halten das für eine „Schande“.

Grosseto - Für fünf Angeklagte hat der Strafprozess um die Havarie der Costa Concordia ein vorzeitiges Ende gefunden. Der Untersuchungsrichter im toskanischen Grosseto genehmigte am Samstag einen Deal, den die vier Schiffsoffiziere und der Krisenmanager der Genueser Kreuzfahrtreederei Costa mit der Staatsanwaltschaft ausgehandelt hatten. Für „vielfache, fahrlässige Tötung und Körperverletzung“ akzeptierten Gericht und Angeklagte Gefängnisstrafen von 18 bis 34 Monaten. Auch wenn die Anwälte der Hinterbliebenen und der mehr als hundert Verletzten die Strafen als „lächerlich gering“ und als „Schande im Angesicht der 32 Toten“ bezeichnen und dagegen in Berufung gehen wollen, bleibt Kapitän Francesco Schettino damit der einzige Angeklagte. Der Prozess gegen ihn geht nach den ersten beiden Verhandlungstagen der zurückliegenden Woche nach der Sommerpause am 23. September weiter.

 

Verurteilt wurden Vincenzo Ambrosio, der zweite Mann auf dem Kreuzfahrtschiff (23 Monate), sowie der Chef des Hotelbetriebs für die gut 3000 Passagiere, Manrico Giampedroni (30 Monate Haft). Die Offizierin Silvia Coronica erhielt 18 Monate; der indonesische Steuermann Jacob Rusli Bin, der in der Hektik vor und nach dem verhängnisvollen Kontakt mit der Klippe vor der Insel Giglio die Kommandos des Kapitäns weder auf Italienisch noch auf Englisch verstand, erhielt 20 Monate Haft.

Keiner der Verurteilten muss tatsächlich ins Gefängnis

Die höchste Strafe fuhr der Leiter des Costa-Krisenstabs Roberto Ferrarini ein (34 Monate), der laut Anklage nach der Havarie im Einklang mit Schettino die verspätete Evakuation des Kreuzfahrtschiffs verschuldet und die Behörden durch falsche, abwiegelnde Informationen über das wahre Ausmaß der Katastrophe getäuscht hat. Wirklich ins Gefängnis muss nach italienischem Brauch niemand. Selbst die beiden Strafen, die höher liegen als 24 Monate, werden höchstwahrscheinlich zu einer „betreuten Bewährung“ ausgesetzt.

Die sehr niedrigen Freiheitsstrafen begründete der Untersuchungsrichter am Samstag damit, die Verantwortlichkeit der Angeklagten trete „hinter den verschiedenen und widersprüchlichen Entscheidungen“ Schettinos zurück, der nicht nur „die in extremer Küstennähe liegende Fahrtroute“ angeordnet, sondern zum entsprechenden Zeitpunkt auch „die volle Kommandogewalt über das Schiff“ innegehabt habe. Den anderen Beschuldigten seien zwar „vielfache fahrlässige Fehler“ anzulasten, „nicht aber die willentliche Übernahme des absurden Risikos, in Küstennähe zu fahren“. Der Leiter des Costa-Krisenstabs wiederum sei sich „aufgrund der fehlenden oder unvollständigen Informationen über die wahre Lage“ auf dem Schiff nicht bewusst gewesen, was er mit seinen eigenen, zwangsläufig lücken- und fehlerhaften Entscheidungen anrichten würde. Die zivilrechtliche Verantwortung der Verurteilten ist allerdings damit noch nicht abgegolten. Ferner müssen die fünf jetzt Prozesskosten von bis zu 21 000 Euro tragen.

Bei der Havarie der Costa Concordia waren am 13. Januar 2012 vor der toskanischen Insel Giglio 32 Passagiere und Besatzungsmitglieder gestorben, weitere 4197 Personen hatten sich vor allem wegen der unmittelbaren Nähe zur Küste retten können: Das fast 300 Meter lange Schiff strandete genau neben der Hafeneinfahrt, wo es als Wrack heute noch liegt.