Dieter Zetsche versucht die Bedenken gegen die jüngste Zusammenarbeit mit Renault und Nissan zu zerstreuen. Doch die Anteilseigner bleiben skeptisch.

Berlin - Daimler-Chef Dieter Zetsche hat den Aktionären auf der Hauptversammlung in Berlin eine rosige Perspektive ausgemalt. "Für das Rennen um die Zukunft des Automobils ist Daimler hervorragend aufgestellt", versicherte Zetsche. "Wir haben uns nicht darauf beschränkt, in der Krise nur irgendwie den Kopf über Wasser zu halten. Wir haben auch strategisch weiter unsere Hausaufgaben gemacht", bilanzierte der Daimler-Chef.

Im laufenden Jahr soll der Absatz der Mercedes Car Group etwa doppelt so stark wachsen wie der globale Pkw-Markt, also etwa um sechs bis acht Prozent. Insgesamt peilt der Konzern ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von mehr als 2,3 Milliarden Euro an. Dieses Ziel hatte Zetsche bereits im Februar genannt.

Bei den Aktionären löste all dies nicht gerade Begeisterung aus. Insbesondere die von Zetsche als "strategisch entscheidender Schritt" bezeichnete Allianz von Daimler im Kleinwagensegment mit Renault und Nissan stieß auf große Skepsis. Henning Gebhardt von der Fondsgesellschaft DWS erinnerte daran, dass es in der Vergangenheit nicht einmal gelungen sei, mit Chrysler Synergien in der Entwicklung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen zu erreichen, obwohl Chrysler doch Teil des Konzerns gewesen sei. Wie solle das nun mit Renault funktionieren, fragte Gebhardt und griff einen Vergleich auf, den er vor drei Jahren auf der Hauptversammlung gemacht habe. Damals habe er gesagt, dass Burger und Spätzle nicht zusammenpassen. "Spätzle mit Baguette und Sushi erscheint nicht attraktiver", so Gebhardt.

Schaden für das Image der Nobelmarke?


Mehrere Redner äußerten auch die Befürchtung, dass die Zusammenarbeit dem Image der Nobelmarke Mercedes-Benz schaden könnte. Ein Mercedes-Fahrer habe kein Verständnis dafür, dass er viel Geld für einen Wagen mit dem Stern zahlen solle, wenn dieser Teile von Renault enthalte, gab Ulrich Wecker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) zu bedenken. Die Zusammenarbeit werde sich auf das Kaufverhalten auswirken; Daimler werde noch teuer für diese Kooperation bezahlen müssen, sagte Wecker voraus.

Daimler-Chef Zetsche wies all diese Bedenken zurück. Die Allianz mit Renault und Nissan könne nicht mit der Zusammenarbeit mit Chrysler verglichen werden, sagte Zetsche. Bei Chrysler habe man zuerst eine Beteiligung beschlossen und dann nach gemeinsamen Projekten gesucht, bei Renault und Nissan dagegen fokussiere man sich voll auf gemeinsame Projekte, die beiden Seiten Vorteile brächten, und man habe nur flankierend eine geringe gegenseitige Kapitalbeteiligung vereinbart.

Dieter Zetsche betonte auch, dass die Marke Mercedes-Benz der wertvollste Schatz des Unternehmens sei. "Wir werden die Marke wie einen Augapfel hüten", versprach Zetsche. Die gemeinsam entwickelten Motoren beispielsweise würden durch entsprechende Technologiepakete so unterschiedlich gestaltet, dass die Markenidentitäten nicht gefährdet würden. Zudem wies Zetsche darauf hin, dass schon heute 60 bis 65 Prozent der Wertschöpfung von Zulieferern bezogen würden, wo man ebenfalls darauf achten müsse, dass die Ansprüche von Mercedes-Benz erfüllt würden. Im Grundsatz sei die Zusammenarbeit mit Renault nichts anderes.

Daimler zahlt 138 Millionen Euro an US-Behörden


Kritik wurde auf der Hauptversammlung auch daran geübt, dass Daimler-Chef Zetsche erst am Schluss seiner Rede und auch nur mit wenigen Sätzen auf den Abschluss der Korruptionsermittlungen der amerikanischen Börsenaufsicht und des US-Justizministeriums einging. "Wir haben verstanden und wir handeln entsprechend - übrigens nicht nur aus juristischen Gründen, sondern auch aus ethischen", sagte Zetsche. Daimler hat sich mit den US-Behörden auf einen Vergleich geeinigt, muss umgerechnet 138 Millionen Euro zahlen und den früheren FBI-Chef Louis Freeh als Aufpasser akzeptieren, der gestern auch bei der Hauptversammlung anwesend war.

Finanzvorstand Bodo Uebber reagierte auf die Aktionärskritik, indem er versicherte, dass das Unternehmen diese Vorfälle ausdrücklich bedauere, und auch bedauere, dass sie nicht früher aufgedeckt worden seien. Die Ermittler hatten Bestechungsfälle in 22 Ländern nachgewiesen. Uebber zählte wie zuvor schon Zetsche auf, welche Anstrengungen das Unternehmen unternommen habe, um solche Verstöße von vornherein zu verhindern. In den vergangenen Jahren sei dazu eine unabhängige Kontrollorganisation aufgebaut worden. Auch würden Mitarbeiter intensiv geschult, wie sie sich verhalten sollten.

Etwas unwirsch reagierte Aufsichtsratschef Manfred Bischoff auf die Frage, ob der Aufsichtsrat auch geprüft habe, ob frühere Vorstände des Unternehmens wie im Fall Siemens möglicherweise Schadenersatz wegen dieser Bestechungsfälle leisten müssten. Der Aufsichtsrat habe sich mit dieser Frage auseinandergesetzt, so Bischoff. Dazu habe man auch ein Rechtsgutachten von der gleichen Anwaltskanzlei erstellen lassen, die auch bei Siemens tätig war. Die Anwälte seien zum Ergebnis gekommen, dass kein Vorstand pflichtwidrig gehandelt habe, und dass es anders als bei Siemens bei Daimler keinen Anlass gebe, Schadenersatz geltend zu machen.