Tatsächlich entsteht bei einem Rundgang keineswegs der Eindruck, die Nutzer – vorneweg die Richter – hätten abgehoben über ihr Domizil, den Gerichtsbau am Schlossplatz, entschieden. Und wenn Grether sagt, das denkmalgeschützte Gebäudeensemble von Paul Baumgarten „sei zu seiner Zeit nicht ausreichend gewürdigt worden“, so fügt er schnell hinzu, die Richter würden sich heute „zu 100 Prozent mit dem Gebäude identifizieren“. Er muss es wissen, weil er während der Bauzeit mit jedem der 16 Verfassungsrichter mindestens ein Mal unter vier Augen gesprochen hat.

 

Besucher, die in den sogenannten Richterring geführt werden (der fast an einen klösterlichen Kreuzgang erinnert), erkennen auch in diesem Gebäudeteil die nüchterne, auf Funktionalität ausgerichtete Sprache des Architekten. Hier verteilen sich über zwei Etagen – auf Stahlstützen stehend, frei schwebend über der Erde – die Büros der jeweils acht Richter des Ersten und des Zweiten Senats. Die Präsidenten- und die Beratungszimmer sind gegen Westen ausgerichtet mit Blick in den Botanischen Garten. Neue Richter, etwa der Ende 2011 hinzugekommene ehemalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller, müssen hingegen mit der Ostseite vorliebnehmen.