Wenn andernorts schon gefastet wird, beginnt in Südbaden die Bauernfasnacht – mit Umzügen und dem Scheibenschlagen.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Brauchtum -

 

Der Karneval, der Fasching und die Fasnet sind vorbei. Aber in Südbaden fängt jetzt mancherorts die Bauernfasnacht an, die am Wochenende mit einem großen Funkenfeuer und dem Scheibenschlagen endet. Die Alte Fastnacht ist ein historisches Relikt: Einige Regionen hielten sich nicht an die Vordatierung der Fastenzeit um sechs Tage durch Papst Urban II. im Jahre 1091 und feierten weiterhin eine Woche später. Bekanntestes Beispiel ist die Basler Fasnacht, die am Montag nach Aschermittwoch um 4 Uhr mit dem Morgenstreich eröffnet wird.

Größere Umzüge der Buurefasnacht auf der deutschen Seite des Hoch- und Oberrheins sind selten geworden, lediglich in Weil am Rhein, in Schopfheim-Wiechs und in Sulzburg gibt es sie noch. Das Scheibenfeuer, Funkenfeuer oder Schiewackefier lodert aber in Südbaden und im Schwarzwald, stellenweise auch im Elsass, der Schweiz, in Vorarlberg und im Südtiroler Vinschgau. Verbreitet war es früher im ganzen schwäbisch-alemannischen Sprachraum. Der nördlichste Ort des Scheibenschlagens im Land ist Ersingen bei Pforzheim, der entfernteste bekannte der Kreis Satu Mare im Siedlungsgebiet der Sathmarer Schwaben in Nordrumänien.

Die Scheibe soll einem geliebten Menschen Glück bringen

Beim Scheibenschlagen werden viereckige Holzscheiben, die ein Loch in der Mitte haben, auf Haselruten gesteckt und in ein Feuer gehalten, bis sie glühen. Dann wird die Scheibe vom Schläger über eine aufgebockte Startrampe am Hang ins Tal geschickt. Die Kunst dabei ist, die Scheibe so über die Holzplanke zu ziehen, dass sie abhebt und eine Leuchtspur in die Nacht zieht. Das gelingt nicht immer: Ein Bodesuuri, ein peinlicher Trudler oder Flatterer mit kurzer Flugdauer, bringt nur dann kein Unglück, wenn der Schläger zuvor eine Klausel in dem Spruch eingebaut hat, mit dem die Scheiben begleitet werden: „Schibi Schibo – die Schibe, die soll goh“, wird vor dem Schlag gerufen. Die Scheibe soll einem geliebten Menschen Glück bringen. Die abergläubische Rückversicherung lautet: „Und goht si nit, so gilt si nit.“ In manchen Orten wird das Scheibenfeuer von einer Narrenzunft organisiert, und nur deren Mitglieder dürfen Scheiben schlagen; in anderen Orten ist es ein Familienfest, und bereits die Kinder können üben. Das Holz für die riesigen Haufen wurde früher von den Konfirmanden des Dorfes gesammelt und aufgeschichtet. Sie mussten den Scheibenberg streng bewachen, denn die Jugendlichen des Nachbarortes versuchten stets, den Holzstoß frühzeitig abzufackeln.

Zum Ursprung des Brauchs gibt es viele Halbwahrheiten

Über den historischen Ursprung des Scheibenfeuers gibt es unterschiedliche Theorien und viele Halbwahrheiten. Dass es eine keltische Sitte war, den Winter mit Feuer auszutreiben, glaubt Werner Mezger vom Institut für Volkskunde und Europäische Ethnologie an der Universität Freiburg nicht. „Dafür gibt es keinen Beleg.“ Mythische oder sonstige Deutungen verweist er ins Reich der Fabel. Und die antiautoritären Anklänge in den Sprüchen seien kein Beleg für revolutionäre Traditionen. Auch nicht, wenn Pfarrer und Bürgermeister zur Zielscheibe würden. Die Fasnacht sei „politisch noch nie richtig mutig“ gewesen, sagt Mezger. Für ihn ist das Funkenfeuer schlicht das Ende der Fasnacht. Und in Südbaden findet es eben später statt, nach der alten Fastenzeitrechnung.

Gefeiert wird in mehreren Orten

Es gibt sie an mehreren Tagen und in verschiedenen Orten, jeweils von 18 Uhr an. Am Samstag, 4. März, in Todtnau, Schönauf, Zell im Wiesental, Schopfheim-Enkenstein, Efringen-Kirchen, Häusern, Oberried und Münstertal. Am Sonntag, 5. März, in Todtnau, Isteiner Klotz und Bernau. Am Samstag, 11. März, in Wehr, Hohe Flum, bei Schopfheim, Tüllinger Berg bei Weil am Rhein und Teningen. Und wer sich anhören möchte, wie Christian Streich, der Trainer des SC Freiburg, das Scheibenschlagen erklärt, hat dazu unter www.youtube.com/watch?v=VMigOSEk_Lk Gelegenheit.