Bekommt ein Unternehmen eine Bewerbung, ist das auch ein datenschutzrelevantes Thema.

Frankfurt am Main - Der September 2009 hatte es in sich. Innerhalb von wenigen Tagen berichtete die „Frankfurter Rundschau” gleich zweimal über Fälle, in denen Unternehmen im Umgang mit Bewerbungsmappen geschlampt hatten. Im ersten Fall hatte eine Frankfurter Firma rund 500 leere, gebrauchte Bewerbungsmappen für zehn Euro bei Ebay versteigert - in den Schnellheftern steckten jedoch noch die Lebensläufe, Fotos, Arbeitszeugnisse und Anschreiben. Der Meistbietende, ein Paderborner Schreibwarenhändler, schickte die Unterlagen daraufhin an die „Frankfurter Rundschau”. Nur wenige Tage später informierte ein Mainzer die Zeitung über einen weiteren Fund im Altpapiercontainer: Hunderte Bewerbungsunterlagen und Lohnsteuerkarten lagen dort zwischen vollen Aktenordnern. Sie stammten von einer Firma, die ihre Geschäftsräume aufgegeben hatte.

Solche Fälle sind keine Kavaliersdelikte. Da Bewerbungsunterlagen zu den personenbezogenen Daten gehören, unterliegen sie einem besonderen Schutz. Die Verantwortung für deren Sicherheit und Vertraulichkeit obliegt dem jeweiligen Unternehmen, bei dem die Bewerbung eingeht. Das Bundesdatenschutzgesetz sieht bei Verfehlungen Strafen bis zu 300 000 Euro vor. Wenn ein Arbeitgeber also Bewerbungen bekommt, muss er besondere Sorgfalt walten lassen. Das erfordert zum Beispiel auch, dass Bewerbungsmappen eingeschlossen werden, um einen unbefugten Zugriff zu verhindern.

 

Wer ist berechtigt, eine Bewerbung einzusehen?

Die Sorgfaltspflicht gilt für den gesamten Bewerbungsprozess und beginnt mit der Frage, wer überhaupt berechtigt ist, die Bewerbung einzusehen. „Das sind alle Mitarbeiter, die mit dem Einstellungsvorgang befasst sind”, sagt Stefan Kramer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hannover. Dazu gehören also die Personalsachbearbeiter und auch die Führungskräfte, die letztlich über die Einstellung entscheiden. Kommt es zu einem Vorstellungsgespräch, dürfen natürlich alle, die daran beteiligt sind, die Bewerbung einsehen. „Darüber hinaus”, so Kramer, „muss der Arbeitgeber gemäß Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat Bewerbungen zur Kenntnis bringen.”

In der Praxis werde das freilich oft so gehandhabt, dass der Betriebsrat aus Zeitgründen tatsächlich nur die Unterlagen der Kandidaten anschaue, die zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Schließlich können auf eine ausgeschriebene Stelle mehrere Hundert Zuschriften eingehen. „Natürlich sind alle Berechtigten zum Stillschweigen verpflichtet”, betont Kramer.

Kommt es zu keiner Anstellung, muss der Arbeitgeber ebenfalls gewisse Dinge beachten. Auf keinen Fall darf er die Unterlagen ohne die Zustimmung des Bewerbers weiterhin behalten. Entweder der Arbeitgeber muss die Bewerbungsmappe vernichten oder er schickt sie an den Bewerber zurück. Will ein Unternehmen die Unterlagen eines Kandidaten behalten, weil sich zu einem späteren Zeitpunkt womöglich eine andere Stelle bietet, muss es dazu explizit die Zustimmung des Bewerbers einholen.

Eine Bewerbung verpflichtet das Unternehmen nicht, die Unterlagen zurückzuschicken

Sendet ein Arbeitgeber auf eigene Kosten die Unterlagen an einen Bewerber zurück und vernichtet einen eventuell im Zuge des Auswahlprozesses ausgefüllten Personalfragebogen, hat er in den Augen von Kramer seinen Pflichten mehr als Genüge getan: „Eine Blindbewerbung oder die Bewerbung auf eine Stellenanzeige verpflichten ein Unternehmen nicht, die Unterlagen auf eigene Kosten zurückzuschicken.” Dem Bewerber müsse nur die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb einer angemessenen Zeitspanne nach der Absage seine Bewerbung abzuholen. Zwei Wochen seien da angemessen.

Hat ein Unternehmen einen Kandidaten jedoch explizit dazu aufgefordert, sich zu bewerben, muss es anschließend auch die Bewerbungsunterlagen auf eigene Kosten zurückschicken. „Eine Stellenanzeige gilt aber nicht als explizite Aufforderung”, stellt Kramer klar. „Sie ist nur eine Einladung, sich zu bewerben, ähnlich wie in einem Schaufenster Ware ausgelegt wird. Sie ist keine direkte persönliche Ansprache.” Liegt der Bewerbung allerdings ein frankierter und adressierter Rückumschlag bei, muss der Arbeitgeber sie auf jeden Fall zurückschicken.

Nach einer angemessenen Zeit müssen die Unterlagen vernichtet werden

Gibt ein Unternehmen die Unterlagen nicht zurück, muss es sie nach einer angemessenen Zeit vernichten. Meist ist in diesem Zusammenhang von zwei bis drei Monaten die Rede. Der Grund, die Unterlagen noch einige Zeit zu behalten, ist das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AAG): Würde ein abgelehnter Bewerber das Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das AAG verklagen, müsste es sich ja verteidigen können.

Im übertragenen Sinne gilt die gesamte Rechtslage auch für Online-Bewerbungen, die ja für immer mehr Unternehmen zum Hauptverfahren werden. Da der Verbleib digitaler Daten aber in gewisser Weise auch schwieriger zu kontrollieren ist, sollten Arbeitgeber auf einige Fallstricke achten. „Diese können sich schon durch die Art des Bewerbermanagements ergeben”, sagt Felix Kuntz, Rechtsanwalt für IT- und Arbeitsrecht in Kaiserslautern.

Ist der Online-Prozess strukturiert, landen die Bewerbungen in einer Datenbank, für die die Zugriffsrechte nach dem Zweck der erhobenen Daten eingerichtet sein müssen. Bei einem unstrukturierten Bewerbungsprozess speichert die Personalabteilung die Unterlagen dagegen als Dateien auf einer Festplatte, entweder lokal oder auf dem Server. Leitet ein Personalsachbearbeiter die Unterlagen auch per E-Mail zum Beispiel an die einstellende Führungskraft weiter, existieren dadurch zusätzliche Kopien auf deren Festplatte. „Die Rechner sollten daher durch entsprechende Zugriffssperren vor Unbefugten geschützt sein”, sagt Kuntz. Die Problematik der Kopien muss ein Unternehmen auch beim Löschen der Unterlagen berücksichtigen. „Man muss alle Daten löschen, auch im Back-up.” Organisatorisch einfach sicherzustellen ist das bei einer Bewerberdatenbank. Bei einem unstrukturierten Bewerbermanagement, wo Daten womöglich auf Festplatten verschiedener Clients abgelegt wurden, kann das dagegen ganz schnell unübersichtlich werden. „Wobei unter ,löschen' eine einfache Löschung zu verstehen ist”, so Kuntz. Das reiche für den Arbeitsalltag. „Wenn ein Unternehmen Festplatten ausrangiert, ist es ja eh wichtig, diese mit speziellen Softwaretools dauerhaft zu löschen beziehungsweise sie auch physisch zu zerstören.”