Frankfurt - Als Antwort auf den Skandal um den Dax-Aufsteiger Wirecard soll die erste Börsenliga noch mehr Unternehmen aufnehmen. Das klingt zunächst widersprüchlich, doch die Deutsche Börse will den Ausbau ihres Leitindex mit neuen Aufnahmekriterien flankieren. Gleichzeitig soll der Rauswurf von Index-Mitgliedern, die gegen Regeln verstoßen, erleichtert werden.
Diese Reformen sind überfällig. Denn der Skandal hat endgültig deutlich gemacht, dass sich die nach Börsenwert und -umsatz führenden Aktiengesellschaften nicht immer auch durch Solidität auszeichnen. Das gilt erst recht in Zeiten, da die Digitalisierung am laufenden Band neue Geschäftsmodelle hervorbringt – deren Tragfähigkeit sich zum Teil noch erweisen muss. Dass künftig nur profitable Aktiengesellschaften in die erste Börsenliga einziehen sollen, gibt Anlegern zumindest etwas mehr Sicherheit.
Multiples Kontrollversagen
Im Fall Wirecard hätte diese Vorschrift allerdings nichts gebracht - schließlich täuschte der Konzern Milliardeneinnahmen vor, die nicht existierten. Kontrollen auf allen Ebenen haben versagt: Beim Aufsichtsrat des Unternehmens, den externen Wirtschaftsprüfern und bei der Bilanzpolizei DPR. Die Zersplitterung der Aufsicht, die dazu führte, dass Verantwortlichkeiten zwischen der Bundesanstalt Bafin und einer bayerischen Landesbehörde hin- und hergeschoben wurden, muss überwunden werden. Nötig ist außerdem ein neuer Blick auf große Zahlungsabwickler: Dass nur das Bankgeschäft von Wirecard überhaupt der Bafin unterstellt war, mutet heute wie ein Witz an.