Der DB-Regio-Chef Andreas Moschinski-Wald wirft dem Land vor, bei den Ausschreibungen für den Schienenverkehr den Marktmechanismus ausgehebelt zu haben. Denn nach dem Willen des Landes soll kein Anbieter den Zuschlag für alle drei Stuttgarter Netze erhalten.
17.04.2015 - 21:25 Uhr
Stuttgart – - Das Verkehrsministerium in Stuttgart hofft, dass durch mehr Wettbewerb die Preise für den Bahnverkehr sinken und in der Folge mehr Züge fahren werden. DB-Regio-Chef Andreas Moschinski-Wald sieht das anders: Weil viel Geld in neue Züge investiert werden muss, werde es kaum zu Mehrleistungen kommen. Der Wettbewerb tue auch der DB gut, allerdings vermisst Moschinksi-Wald beim Land „ein wenig die Fairness“.
Herr Moschinski-Wald, wie steht es um das Wagen-Material der DB Regio?
Der aktuelle Fuhrpark ist stark erneuerungsbedürftig. Wir suchen seit vielen Jahren nach Lösungen, damit wir investieren können. Leider bislang vergeblich.
Dann wird sich ja bald alles zum Besseren wenden, schließlich schreibt das Land viele Strecken neu aus und gibt Standards für die neuen Züge vor.
So schnell wird es leider nicht gehen, weil die Investition in neue Züge die vertragliche Absicherung für eine gewisse Mindestlaufzeit voraussetzt. Dieser Zeitraum liegt bei zehn Jahren plus X. Ein Verkehrsunternehmen, das die Ausschreibung gewinnt, kann also erst neue Züge bestellen, wenn es den Zuschlag für die Verträge erhält, die nach 2018 gelten und eine lange Laufzeit haben. Die Übergangsverträge davor werden keine Investitionen auslösen.
Wie viel muss denn im Land für neue Schienenfahrzeuge investiert werden?
Die Schätzungen bewegen sich zwischen 1,6 und 2,7 Milliarden Euro.
Wie man hört, werden sich verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen um diese Strecken bewerben. Was macht Baden-Württemberg so attraktiv?
Die Verträge werden mit einem Land mit einer hohen Bonität abgeschlossen. Jeder Vertragspartner hat die Gewähr, es mit anständigen Schwaben und Badenern zu tun zu haben. Zudem ist der Markt selbst interessant. Die geringe Arbeitslosigkeit führt zu vielen Pendlern. Um es mal ketzerisch zu sagen, die vielen Staus gerade im Stuttgarter Raum bringen Menschen in die Züge. Hinzu kommt, dass diese Region für Jahrzehnte ein Zuzugsraum bleibt. Trotz des demografischen Wandels werden weiterhin viele Leute mit dem Zug fahren.
Das Land lockt Verkehrsunternehmen mit dem Angebot, für gute Finanzierungskonditionen zu sorgen. Ist das nötig?
Nein, ich sehe das nicht so. Es gibt schließlich gar kein Finanzierungsproblem. Wir haben eine Flut an Liquidität, das gilt weltweit. Und es besteht ein Mangel an Möglichkeiten für sinnvolle Investitionen. Deswegen wird der Wettbewerb in Baden-Württemberg auch ohne zusätzliche Stimulierung durch Steuergeld hoch attraktiv sein. Man muss sich hierzu fragen, wer mit Landesbürgschaften gelockt wird. Es handelt sich bei den Wettbewerbern der DB, die in Deutschland aktiv sind, schließlich zu 90 Prozent um Tochtergesellschaften der benachbarten europäischen Staatsbahnen und einiger ausländischen Großkonzerne. Weshalb übernimmt nun der baden-württembergische Steuerzahler die Finanzierungsrisiken für europäische Staatsunternehmen, die schließlich über dieselbe Finanzkraft und Bonität verfügen wie die DB?